CD: „Eine florentinische Tragödie“, Alexander Zemlinsky

Die Live-Aufnahme der Oper „Eine florentinische Tragödie“ von Alexander von Zemlinsky, präsentiert von BR-Klassik, ist ein beeindruckendes Zeugnis der Wiederentdeckung eines vergessenen Meisterwerks. Zemlinskys Oper ist nicht nur eine spannende musikalische Darstellung einer dramatischen Handlung, sondern auch eine Reflexion über die menschliche Natur und die Komplexität menschlicher Beziehungen. Durch die adäquate Vertonung von Oscar Wildes literarischer Vorlage gelingt es Zemlinsky, die vielschichtigen Emotionen und psychologischen Aspekte der Charaktere eindringlich zu vermitteln. Das Werk beschreibt Themen wie Eifersucht, Verrat, Vergebung und menschliche Veränderung, die zeitlos und universell relevant sind. Darüber hinaus ist „Eine florentinische Tragödie“ auch ein bedeutendes Beispiel für die Verbindung zwischen Literatur und Musik in der Opernwelt.

Die Adaption von Wildes Werk durch Zemlinsky zeigt, wie künstlerische Werke verschiedener Gattungen miteinander verschmelzen können, um neue kreative Ausdrucksmöglichkeiten zu schaffen. Die Wiederentdeckung und Aufführung von „Eine florentinische Tragödie“ trägt dazu bei, das kulturelle Erbe von Alexander von Zemlinsky zu würdigen und sein Schaffen einem breiteren Publikum zugänglich zu machen. Unter der Leitung des ersten Gastdirigenten des Münchner Rundfunkorchesters, Patrick Hahn, entfaltet sich eine packende Komposition, die durch ihre expressiven und farbenreichen Klänge fesselt. Das Libretto basiert auf der gleichnamigen literarischen Vorlage von Oscar Wilde, die 1893 veröffentlicht wurde. Die Oper wurde erstmals 1917 in Stuttgart uraufgeführt und erhielt seitdem eine begrenzte Anzahl von Aufführungen. Die Handlung spielt im Florenz des 16. Jahrhunderts und dreht sich um ein Eifersuchtsdrama zwischen den Hauptfiguren Simone, Bianca und Guido Bardi. Simone, ein reicher Tuchhändler, kehrt unerwartet von einer Geschäftsreise zurück und erwischt seine Frau Bianca in flagranti mit dem Prinzen Guido. Was als Konfrontation beginnt, entwickelt sich schnell zu einem tödlichen Duell zwischen Simone und Guido. Am Ende steht jedoch nicht nur eine Tragödie, sondern auch eine überraschende Wendung in der Beziehung zwischen Simone und Bianca, die ihre Liebe neu entdecken. Besonders beeindruckend ist die Leistung der Solisten und des Orchesters. Christopher Maltman brilliert in der Rolle des Simone mit seiner virilen und textverständlichen Interpretation, während Benjamin Bruns und Rachel Wilson das Ensemble mit ihren herausragenden Leistungen vervollständigen. Christopher Maltman als Simone, trägt fast allein das gesamte Werk, da seine Rolle die längste ist, und beeindruckt mit seiner kraftvollen Darbietung. Seine Stimme strahlt eine intensive Präsenz aus, während er die komplexen Emotionen und inneren Konflikte seines Charakters gut zum Ausdruck bringt. Maltmans Darstellung verleiht der Figur des Simone eine faszinierende stimmliche Dominanz. Während er die anspruchsvolle Partie mit beeindruckender Intensität interpretiert, wirkt seine Textbehandlung gelegentlich etwas monochrom, was die Vielschichtigkeit der Rolle leicht beeinträchtigt. Benjamin Bruns und Rachel Wilson, die die Rollen des Prinzen Guido Bardi und der Bianca verkörpern, tragen zum Erfolg der Aufführung bei. Bruns‘ lyrische Begabung und Wilsons beeindruckende gestalterische Präsenz vervollständigen das Ensemble und verleihen ihren Charakteren Dichte. Ihre stimmlichen Beiträge fügen sich nahtlos in das Gesamtklangbild ein und tragen zur emotionalen Wirkung des Stücks bei. Die Textverständlichkeit ist bei allen mustergültig. Star der Einspielung ist das Münchner Rundfunkorchester, welches unter der Leitung von Patrick Hahn eine großartige Interpretation der Partitur bietet. Die Musik Zemlinskys wird mit Rasanz und klanglicher Opulenz dargeboten, und es gibt zahlreiche interessante Einfälle, die das Werk zu einem wahren Genuss machen. Die Musikerinnen und Musiker entfalten ein reiches, süffiges Klangspektrum, das die dramatischen Höhepunkte des Werks ebenso wie die zarten und lyrischen Momente bestens zum Ausdruck bringt. Unter der Leitung von Hahn gelingt es dem Orchester, die verschiedenen Facetten der Musik von Zemlinsky gekonnt zu vermitteln und eine fesselnde, geheimnisvolle Atmosphäre zu schaffen. Patrick Hahn führt das Orchester und die Sänger mit Präzision und Sensibilität durch die musikalischen Höhen und Tiefen dieses Musikdramas. Seine interpretatorische Klarheit und sein Gespür für Farben tragen dazu bei, dass die Aufführung in ihrer Gesamtheit zu einem packenden Erlebnis wird. Herrlich und unwiderstehlich, wie die Musik funkelt und leuchtet. In der vorliegenden Einspielung von „Eine florentinische Tragödie“ wird die Qualität des Werks von Alexander von Zemlinsky auf herausragende Weise demonstriert.  Die Klangqualität dieser Live-Aufnahme ist von höchster Güte, und die außerordentliche Textverständlichkeit der Sänger ermöglicht es, die komplexe Handlung und die subtilen Emotionen des Werks klar und präzise zu vermitteln. Diese Aufnahme verdient daher Anerkennung als bedeutendes Beispiel für die Wiederentdeckung und Würdigung eines wichtigen Werks der Opernliteratur.

Dirk Schauß, 19. März 2024


Alexander Zemlinsky
Eine florentinische Tragödie

Musikalische Leitung: Patrick Hahn
Münchner Rundfunkorchester
BR KLASSIK
Best.Nr.: 900347
1 CD