Der vorliegenden, bei dem Label BR KLASSIK neu erschienenen Aufnahme von Alexander Zemlinskys Oper Eine florentinische Tragödie liegt eine konzertante Aufführung vom 27. November 2022 im Münchner Prinzregententheater zugrunde. Hier haben wir es mit einem großartigen, nur cirka 50 Minuten langen Einakter zu tun, der auf dem gleichnamigen Stück von Oscar Wilde beruht. Zemlinsky treibt das dramatische Geschehen ganz an Wildes Text orientiert radikal voran bis hin zum bitteren Ende, wo über der Leiche von Guido Bardi der Kaufmann Simone und seine Frau Bianca wieder zusammenfinden. Ein reichlich makabres Ende, das muss man sagen. Aber die herrliche Oper spricht für sich. Den gewaltigen Klangfluten des durchkomponierten Werkes kann man sich nur schwer entziehen. Das muskalische Melos ist einfach umwerfend. Da hat Zemlinsky phantastische Arbeit geleistet. Sein durchweg der Spätromantik verpflichteter Klangteppich ist von großer Eleganz und ungemein dramatisch. Dabei kam es dem Komponisten nicht auf eine weitere Revolutionierung der Tonsprache an, die sein Schwager Arnold Schönberg bereits vollzogen hatte. Vielmehr setzte er auf eine tonale Kompositionsweise, gekoppelt mit imposanten Akkordreihen, wobei er auch Richard Strauss im Hinterkopf hatte. In der Tat gemahnt der Beginn der Florentinischen Tragödie ein wenig an den Rosenkavalier. Hier haben wir es mit einer sehr hitzigen, ungemein vorwärtsdrängenden Musik zu tun, die ganz dazu geeignet ist, den Zuhörer in einen musikalischen Rausch zu versetzen. Das gelingt dem Dirigenten Patrick Hahn und dem blendend disponierten und klangschön aufspielenden Münchner Rundfunkorchester ganz vorzüglich. Hahns Dirigat atmet große Kraft und Intensität und zeichnet sich obendrein durch eine packende Melodik aus.
Der größte Teil des gesungenen Textes ist dem Kaufmann Simone zugeordnet, den Christopher Maltman mit gut fokussiertem, kraftvollem und markant geführtem Heldenbariton vokal hervorragend auslotet. Mit ebenfalls prachtvollem, vorbildlich sitzendem und sinnlich eingefärbtem Mezzosopran singt Rachael Wilson eine perfekte Bianca. Das hohe Niveau seiner zwei Mitstreiter kann der lediglich über dünnes, überhaupt nicht im Körper verankertes Tenor-Material verfügende Benjamin Bruns in der Partie des Guido Bardi nicht halten.
Ludwig Steinbach, 20. April 2024
Eine florentinische Tragödie
Alexander Zemlinsky
Musikalische Leitung: Patrick Hahn
Münchner Rundfunkorchester
BR KLASSIK
Best.Nr.: 900347
1 CD