Dirigent Paavo Järvi setzt mit dem Tonhalle-Orchester Zürich und seinen jüngsten Einspielungen für das Label Alpha-Classics einen neuen Maßstab in der Interpretation der Werke von Felix Mendelssohn. Unter seinen aktuellen Projekten ragt besonders die umfassende Aufnahme der Sinfonien 1 bis 5 von Felix Mendelssohn hervor, ergänzt durch ausgewählte Passagen aus dessen bezauberndem Werk „Ein Sommernachtstraum“.
Järvis Engagement und seine künstlerische Sensibilität lassen diese Aufnahmen zu einem Erlebnis werden, das die zeitlose Schönheit und das emotionale Spektrum der Werke Mendelssohns auf bezwingende Weise einfängt. Felix Mendelssohn war ein Multi-Genie: bedeutender deutscher Komponist, Pianist, Dirigent und Musikpädagoge der Romantik. Er wurde am 3. Februar 1809 in Hamburg geboren und zeigte schon früh außergewöhnliches musikalisches Talent. Als Mitglied einer angesehenen und wohlhabenden Familie genoss er eine erstklassige musikalische Ausbildung. Mendelssohns Beitrag zur Musikgeschichte ist vielfältig, aber seine fünf Sinfonien gehören zu seinen bedeutendsten Werken. Seine erste Sinfonie, die „Sinfonie Nr. 1 in c-Moll“, komponierte er im Alter von nur 15 Jahren. Obwohl sie von Beethoven und Mozart beeinflusst ist, zeigt sie bereits Mendelssohns einzigartigen Stil und seine Fähigkeit zur melodischen Innovation. Seine „Sinfonie Nr. 2 in B-Dur“, auch bekannt als „Lobgesang-Sinfonie“, ist eine bemerkenswerte Arbeit, die Elemente der Sinfonie und des Oratoriums vereint. Sie wurde zur Feier des 400. Jahrestages von Johannes Gutenbergs Erfindung des Buchdrucks komponiert. Die „Sinfonie Nr. 3 in a-Moll“, auch als „Schottische Sinfonie“ bekannt, wurde von Mendelssohns Reisen durch Schottland inspiriert. Ihre dunkle und kraftvolle Atmosphäre macht sie zu einem Höhepunkt seines sinfonischen Schaffens. Die „Italienische Sinfonie“ (Sinfonie Nr. 4 in A-Dur) ist ein lebhaftes und farbenfrohes Werk, das die Eindrücke seiner Reisen durch Italien einfängt. Ihre lebhafte Melodik und die pittoresken Schilderungen des italienischen Lebens spiegeln Mendelssohns Begeisterung für das Land wider. Schließlich ist Mendelssohns „Sinfonie Nr. 5 in D-Dur“, auch bekannt als „Reformations-Sinfonie“, von seinem tiefen religiösen Glauben geprägt. Sie enthält Themen aus Martin Luthers Choral „Ein feste Burg ist unser Gott“ und wurde zur Feier des 300. Jahrestages des Augsburger Bekenntnisses komponiert. Ein weiterer Höhepunkt in Mendelssohns Schaffen ist seine Musik für Shakespeares „Ein Sommernachtstraum“. Diese bezaubernde Schauspielmusik, bestehend aus einer Ouvertüre und einer Reihe von Charakterstücken, fängt die märchenhafte Stimmung von Shakespeares Werk perfekt ein und gehört zu den beliebtesten und meistgespielten Orchesterstücken Mendelssohns. Mendelssohn verstarb leider viel zu früh am 4. November 1847 in Leipzig im Alter von nur 38 Jahren, aber sein musikalisches Erbe lebt weiter und inspiriert Generationen von Musikern und Musikliebhabern auf der ganzen Welt. Paavo Järvi, bekannt für seine innovative Herangehensweise an das Dirigieren, zeigt in dieser Aufnahme erneut seine herausragende Klasse. Sein tiefes Verständnis für die musikalische Sprache Mendelssohns spiegelt sich in einer Interpretation wider, die gleichermaßen einfühlsam wie leidenschaftlich ist. Järvi ist ein Dirigent, der nicht nur die technische Perfektion beherrscht, sondern auch in der Lage ist, die emotionale Tiefe der Musik zu erfassen und sie auf eine Weise zu vermitteln, die seinen Interpretationen eine frische Lesart verleihen. Beeindruckend ist seine rhythmische Klarheit und sein untrügliches Gespür für die Struktur der Partituren. Faszinierend ist das Wechselspiel zwischen Haupt- und Nebenstimmen. Daraus resultiert ein jederzeit durchsichtiger Orchesterklang, dem es nicht an Pracht und Knackigkeit mangelt. Die Dynamik wird sehr gekonnt ausgekostet, um die Sinfonien spannend zu gestalten. Unter seiner Leitung entfaltet das Tonhalle-Orchester Zürich seine noble Klangkultur. Die Musikerinnen und Musiker zeigen eine beeindruckende Virtuosität und Sensibilität für die Feinheiten der Partituren. Ihre Interpretationen überzeugen durch ihre Klangfarbenpalette und die weite Dynamik, die den Facettenreichtum von Mendelssohns Musik in all seinen Nuancen zum Ausdruck bringt. Besonders bemerkenswert ist die Art und Weise, wie Järvi die Struktur und die Texturen der Musik herausarbeitet. Er lenkt die Aufmerksamkeit auf die melodischen Linien ebenso wie auf die subtilen Klangfarben und Harmonien. Die Sinfonien erklingen mitreißend und flott. Die Solisten, darunter Chen Reiss, Katharina Konradi, Marie Henriette Reinhold, Sophia Burgos und Patrick Grahl, sowie die Zürcher Sing-Akademie, tragen mit ihren einfühlsamen Interpretationen ebenfalls zum Erfolg dieser Aufnahme bei. Ihre Stimmen fügen sich nahtlos in das klangliche Gewebe des Orchesters ein und verleihen den Aufführungen eine zusätzliche Dimension von Ausdruck und Intensität. Diese Einspielung ist ein eindrucksvolles Zeugnis für Mendelssohns musikalisches Genie und die interpretatorische Meisterschaft von Paavo Järvi und dem Tonhalle-Orchester Zürich. Järvi ist Mendelssohn wichtig und das ist in jedem Takt zu spüren. Die Künstler präsentieren Mendelssohns Musik in ihrer ganzen Pracht und Vielfalt. Klarheit, Präzision und Energie geben diesen Einspielungen ihren ganz eigenen Charakter. Was diese Aufnahme besonders auszeichnet, ist die Abwesenheit jeglicher Routine. Jede Note, jede Phrasierung wirkt frisch und spontan, getragen von einer aufrichtigen Musizierfreude, die sich in jedem Moment der Aufführung widerspiegelt.
Dirk Schauß, 17. April 2024
Felix Mendelssohn:
Sinfonien 1 – 5
Auszüge aus „Ein Sommernachtstraum“
Tonhalle-Orchester Zürich
Paavo Järvi, Leitung
ALPHA1004