Premiere am 29. Mai 2017
Düsseldorfer bejubeln Villazon frenetisch
Im Vorfeld groß beworben und von vielen interessierten Opernbesuchern sicherlich mit Spannung erwartet, fand am Samstag, dem 29. April 2017 in der Deutschen Oper am Rhein die Premiere von Gaetano Donizettis „Don Pasquale“ statt, zeigt sich doch kein geringerer als der weltbekannte Startenor Rolando Villazón für die Inszenierung verantwortlich. Seine bisherigen Inszenierungen in Baden-Baden, Berlin und Wien erzeugten ja durchaus recht unterschiedliche Ansichten. Und auch die Premiere in Düsseldorf schien unter keinem guten Stern zu stehen, meldete sich dort kurz vor der Premiere der für die Rolle des Dottor Malatesta vorgesehene Dmitri Vargin grippebedingt krank. Wie der Zufall nun so wollte, befand sich Mario Cassi, der diese Rolle u. a. bereits am Wiener Staatstheater verkörperte auf dem Rückflug von Dresden via Düsseldorf nach Italien und konnte im wahrsten Sinne des Wortes aus dem Flieger heraus verpflichtet werden. „Glück im Unglück“ . Rolando Villazón sagte daraufhin spontan einen Termin in München ab um noch einen Tag proben zu können, in der Not hier zeigt sich hier die wahre Leidenschaft.
Genug der Vorworte, Villazòn versetzt seinen „Don Pasquale“ aus dem 19. Jahrhundert in die wilden 70iger Jahre und inszeniert „eine Art Happening, geprägt von Rollentausch, vielfältigen Formen der Inspiration und immer der Suche nach Freiheit“ (Zitat Programmheft). Herausgekommen ist eine durchaus solide Inszenierung, die vor der Pause wahrlich keinem weh tut, allerdings durchaus stellenweise etwas arg dahinplätschert. Zum Glück gibt es aber auch hier bereits einige durchaus starke Momente und Bilder, beispielsweise zu nennen wären hier das erste Aufeinandertreffen von Pasquale und Norina oder das Finale des 2. Aktes wo sich die frisch verheiratete Norina als herrisch und sehr besitzergreifend zeigt. Das komplette Regiekonzept entfaltet sich aber dann nach der Pause mit einem gelungenen und absolut überzeugenden dritten Akt. Hier kommt immer wieder schön der Kontrast alt/neu bzw. alt/jung zum Vorschein, bildlich dargestellt an den ausgewechselten Gemälden auf der Bühne. Die großen alten Klassiker machen dem „Pop-Art“ Platz. Sehr empfehlenswert in diesem Zusammenhang die Lektüre von „Und die Moral von der Geschicht“ aus den immer wieder sehr gelungenen Programmheften der Rheinoper. Hier zieht Villazón einige sehr treffende Schlussfolgerungen, die auch zu einem durchaus interessanten Ende des Stückes führen, bei dem Don Pasquale vielleicht für sich einen ganz anderen Schluss findet als üblich. Mehr soll an dieser Stelle aber nicht verraten werden. Sehr gelungen in der Inszenierung auch viele weitere kleine Anspielungen und die kleinen Zwischenspiele der Statisterie während der kurzen Umbauphasen. Leider werden diese allerdings nicht konsequent bis zum Ende durchgezogen, sondern variieren leicht im Verlauf der Vorstellung und wirken hierdurch etwas stllbrüchig.
In Sachen Bühnenbild zeigt Johannes Leiacker einmal mehr, warum er ein weltweit gefragter Mann ist in diesem Bereich ist. Hier zeigt die Oper am Rhein bildlich große Oper, wobei man das bildlich in diesem Falle gerne wörtlich nehmen darf. Auch die Loftwohnung mitten im Paris der 70iger Jahre mit großen Fenstern weiß zu gefallen. Die Kostüme von Thibault Vancarenenbroeck zeigen sich als treffend, und mit einem kompletten Männerchor bestehend aus lauter Andy Warhols während die Damen auch hier wieder den Gegensatz in Form von lauter Mona Lisas bilden, bleiben auch die Kostüme in bleibender Erinnerung.
Die Düsseldorfer Symphoniker werden an diesem Abend von Nicholas Carter geleitet, der ab dem kommenden Jahr am Staatstheater Klagenfurt wirken wird. Dabei legt das Orchester ein bemerkenswertes Tempo, vor allem aber eine sehr starke Durchschlagskraft an den Tag. Klanglich sehr beeindruckend, scheint dies allerdings im Zusammenspiel mit den Sängern stellenweise problematisch, da die Textverständlichkeit am Premierenabend hier etwas litt. Gesanglich zeigte sich das Solistenensemble sonst aber sehr stark. Lucio Gallo, regelmäßiger Gast an den großen Opernhäusern der Welt, singt und spielt einen überzeugenden Don Pasquale
Der wie erwähnt noch nach der Generalprobe eingesprungene Mario Cassi weiß unter den erschwerten Bedingungen ebenfalls zu überzeugen. Heimlicher Star des Abends ist allerdings die spanische Sopranistin Elena Sancho Pereg, die auch in höchsten Lagen mit ihrem glasklaren Sopran glänzen kann. Abgerundet wird das Quartett von Ioan Hotea als jungen und leidenschaftlichen Ernesto. Daniel Djambazian hat als Notar nicht viel zu singen, sorgt aber als alternden Hippie immer wieder für große Unterhaltung beim Publikum. Ebenso die Kunsträuberin die in Person von Luftakrobatin Susanne Preissler in dieser Inszenierung eine durchaus bedeutende stumme Rolle einnimmt.
Das Premierenpublikum ist am Ende schlicht aus dem Häuschen und steigert sich in einen für Düsseldorfer Verhältnisse ungewohnt starken und langen Jubel, mit stehenden Ovationen und kaum enden wollenden Bravo-Rufen für die Darsteller. Auch Villazón wird gefeiert, wie zu seinen besten Tagen als Interpret, hier spielt allerdings sicherlich auch sein „Starbonus“ und die Dankbarkeit des Publikums endlich wieder überregional Beachtung zu finden mit hinein. Ausschließlich auf seine Regiearbeit bezogen war dieser Applaus sicherlich nicht.
Markus Lamers, 01.05.2017
Fotos: © Hans Jörg Michel