Operettenfinale an der Komischen Oper Berlin
Das war ein flotter Jahresausklang in der Behrenstraße am 30. Dezember 2021 mit Paul Abrahams Die Blume von Hawaii und gleichzeitig auch der Abschied von einer Tradition, die Intendant Barrie Kosky begründet hatte: Alljährlich gab es zum Jahresende eine konzertante Operettenaufführung in Kurzfassung mit einem prominenten Moderator. Manche Rarität wurde da zu Tage gefördert, vor allem vom jüdisch-ungarischen Komponisten Abraham, zu dem Kosky eine besondere Affinität hat. Nach Ball im Savoy, Viktoria und ihr Husar, Märchen im Grand Hotel und Roxy und ihr Wunderteam gab es nun sein populärstes Werk. 1931 wurde es in Leipzig uraufgeführt und ist noch heute lebendig dank seiner zahlreichen musikalischen Ohrwürmer. Da kennt man „My little Boy“, „Blume von Hawaii“, „Kann nicht küssen ohne Liebe“, „Du traumschöne Perle der Südsee“ und vor allem „Will dir die Welt zu Füßen legen“. Dirigent Koen Schoots hat die Musik in ihrer Vielfalt zwischen Jazz sowie ungarischen, jüdischen und exotischen Einflüssen mit dem Orchester der Komischen Oper Berlin schwelgerisch und leichtfüßig präsentiert.
Hauptfigur der Handlung, die Andreja Schneider als Conférencieuse im Frack und Zylinder witzig und flott moderiert, ist Prinzessin Laya, die sich zwischen zwei Eheanwärtern entscheiden muss – dem Prinzen Lilo-Taro, den Tansel Akzeybek singt und dabei Schmelz und Schmalz vermissen lässt. Davon ist bei Johannes Dunz als Kapitän Stone, dem zweiten Hochzeitskandidaten, reichlich zu hören, sein Tenor mit dem schmeichelnden Timbre kann schmachten und becircen, ist einfach prädestiniert für die Operette. Alma Sadé als Laya gefällt mit charmantem Sopran und hat darüber hinaus noch einen hinreißenden Inkognito-Auftritt als Suzanne Provence mut einem Schwips-Couplet. Das Lindenquintett Berlin assistiert als Kellner mit Champagner-Gläsern und einer Dom Perignon-Flasche. Eine Operettendiva mit üppigem Sopran und ebensolcher Erscheinung ist Mirka Wagner als Bessie Worthington, die aus politischen Motiven mit dem Prinzen verheiratet werden soll, was der Gouverneus-Sekretär John Buffy realisieren muss, der allerdings selbst in die Dame verliebt ist. Julin Habermann obliegt die Buffo-Partie des Stückes, die er gekonnt wahrnimmt und seinen Hit „Ich hab ein Diwanpüppchen“ munter präsentiert. Star des Abends ist Jörn-Felix Alt als Joker Jim (Jim Boy), mit dem der Komponist dem jüdischen Jazz-Sänger Al Jolson ein Denkmal gesetzt hatte. Im Smoking mit weißer Nelke im Revers (Kotüme: Katrin Kath-Bösel) singt und tanzt er seine Nummern mit derart frechem Charme und flottem Fuß, dass das Publikum nicht selten in den Rhythmus einstimmt. Bei seinem melancholischen Slow-Fox „Bin nur ein Jimmy“ mit der Zeile „Heimat, wann werd’ ich dich wiedersehn“ wurde auch die Erinnerung an das traurige Schicksal des Emigranten Paul Abraham wach. Mit „My beautiful baby“ zum Happy-End-Finale war die Stimmung im Saal dann aber wieder euphorisch und eingestimmt auf den kommenden Silvesterabend.
Bernd Hoppe / 1.1.2022