Oberhausen: „Der Geist der Weihnacht“, Dirk Michael Steffan

Mehr als viereinhalb Jahre stand das wunderschöne Metronom Theater am Oberhausener Centro leer, nachdem Stage Entertainment beschlossen hatte, den Spielbetrieb im Jahr 2020 einzustellen. Das Theater wurde in den Jahren 1998 und 1999 erbaut und Ende September 1999 mit der Uraufführung des Musicals Tabaluga & Lilli von Peter Maffay feierlich eröffnet. Noch heute erinnert das Dach in Form eines Drachenkopfes an diese Zeit. Am 23. November 2001 feierte der in Gelsenkirchen geborene Komponist Dirk Michael Steffan mit seinem Musical Vom Geist der Weihnacht in diesem Theater Weltpremiere. Seitdem wurde das Stück vor über 700.000 Zuschauern in zahlreichen deutschen Städten aufgeführt und kehrt nun zur Wiedereröffnung des Metronom Theaters an seine Geburtsstätte zurück. Ein passendes Stück, um die 25-jährige Geschichte des Theaters unter der neuen Leitung von Semmel Concerts in eine hoffentlich erfolgreiche Zukunft zu führen. Statt auf abendfüllende Produktionen setzt man künftig auf wechselnde Musicals und Showproduktionen, die jeweils für einige Wochen im frisch renovierten Theater zu sehen sein werden. Im Frühjahr 2025 stehen hier unter anderem die Musicals Elisabeth und Grease auf dem Spielplan.

© Michael Bohmländer

Neu ist auch die Inszenierung des Weihnachtsklassikers frei nach der bekannten Erzählung von Charles Dickens, die im Vergleich zu früheren Aufführungen zudem mit einer neuen Szene aufwarten kann. Regisseur Benjamin Sahler hat in seiner Inszenierung die Kernelemente der bisherigen Aufführungen beibehalten, sie aber an der einen oder anderen Stelle geschickt modernisiert, so dass die vergleichsweise große Bühne auch optisch gut gefüllt wirkt. Da es sich um eine Produktion des Festspielhauses Neuschwanstein handelt, wo die Bühne noch etwas größer ist, ist dies eine sinnvolle Entscheidung. Der Geist der Weihnacht versprüht in dieser Version richtig großes Musical-Feeling. Groß ist auch das Ensemble der Produktion. Inklusive der Kinderrollen stehen über 35 Darsteller auf der Bühne, eine durchaus beeindruckende Besetzung. Da ist es auch zu verschmerzen, dass die opulente und tief bewegende Komposition von Dirk Michael Steffan vom Band kommt, die Abmischung mit den Darstellern kann hierbei überzeugen. Doch zurück zur neuen Szene, die der Geschichte um den verbitterten Weihnachtshasser und Zyniker Ebenezer Scrooge einen Prolog spendiert. In einem Londoner Waisenhaus warten die Kinder an Weihnachten auf „Onkel Ebbi“, der ihnen Geschenke zum Fest bringt. Ein kleines Mädchen hat ihm einen Engel gebastelt und fragt ihn, ob er an Engel glaube. Daraufhin erzählt Scrooge den Kindern seine Geschichte und wie er vom Engel der Weihnacht in ein neues Leben geführt wurde.

© Michael Bohmländer

Der Engel der Weihnacht ist in diesem Musical auch der eigentliche Geist der Weihnacht, so dass sich das Produktionsteam auch zu einer kleinen, aber durchaus bedeutsamen Änderung des Stücktitels entschlossen hat. Aus Vom Geist der Weihnacht wurde Der Geist der Weihnacht. Dieser Engel ist es auch, der zusammen mit Ebenezer Scrooge und dem Geist seines ehemaligen Geschäftspartners Jakob Marley durch verschiedene Stationen in Scrooges Leben reist. Von seiner einsamen Kindheit im Internat und seiner Ausbildung bei Mr. Fezziwig über die gegenwärtige Weihnacht bei seinem Angestellten Cratchit bis hin zur zukünftigen Weihnacht sind die Stationen eng an die Originalerzählung angelehnt. Im Mittelpunkt des Musicals steht jedoch die Liebe von Ebenezer Scrooge zu Belle, der Tochter von Mr. und Mrs. Fezziwig. Das ist rührend und geht zu Herzen. Ja, einen gewissen übertriebenen Weihnachtskitsch kann man dem Stück nicht absprechen, aber dies ist immer wieder schön und in der Adventszeit durchaus passend. Außerdem ist die Botschaft des Stückes zeitlos und heute genauso gültig wie 1843.

In der Hauptrolle überzeugt Felix Martin als Ebenezer Scrooge, der sowohl den Zyniker als auch den warmherzigen Onkel nuanciert auf die Bühne bringt. Mit großartiger Mimik und einer wunderbaren Gesangsleistung begeistert er das Publikum. Mit Ein neues Leben sorgt er im Finale für einen Höhepunkt des Abends. Marie Wegener, Gewinnerin von Deutschland sucht den Superstar 2018, stattet den Weihnachtsengel mit glockenklarem Gesang aus. Folge mir, Ein Leben lang und Das Lied eines Engels sind weitere große Hits des Musicals. Hin und wieder wirkt ihr Spiel noch etwas bedächtig, aber das mag auch an der Rolle des Engels liegen. In der Rolle des Jakob Marley gelingt Tim Wilhelm das Spiel mit dem Publikum sehr gut, denn nur dieses kann den Geist zu Beginn des Stückes sehen und in Form eines Erzählers führt er immer wieder durch die Geschichte. Auch stimmlich überzeugt der Sänger der Münchner Freiheit, der in den letzten Jahren in verschiedenen Musicalrollen zu sehen war.

© Michael Bohmländer

Wie schon die Vorpremiere am Vorabend war auch die Premiere restlos ausverkauft und auch der Vorverkauf für die weiteren Vorstellungen läuft erfreulich gut, wie Dieter Semmelmann, geschäftsführender Gesellschafter von Semmel Concerts, vor der Vorstellung nicht ohne Stolz verkündete. Insgesamt kann man von einer rundum gelungenen Wiedereröffnung des Metronom Theaters sprechen, bei der die Eröffnungspremiere zu Recht lautstark bejubelt wurde. Für die Zukunft ist dem Standort alles Gute zu wünschen, denn mit dem neu renovierten Theater ist ein echtes Schmuckstück im Ruhrgebiet entstanden. Wenn sich in Kürze auch die organisatorischen Abläufe, z. B. an der Garderobe, eingespielt haben, steht einem gelungenen Theaterabend nichts mehr im Wege.

Markus Lamers, 1. Dezember 2024


Der Geist der Weihnacht
Musical
von Dirk Michael Steffan (Komposition) und Michael Tasche (Libretto)

Metronom Theater, Oberhausen

Premiere: 30. November 2024

Inszenierung: Benjamin Sahler
Musikalische Leitung: Mark Wiedersprecher

Trailer

Weitere Aufführungen bis zum 29. Dezember 2024