Bochum/Ruhrtriennale: „I did it my way“, Eröffnungs-Produktion

Ein neues, schwer definierbares, zwischen Musical, Konzert, Tanz und Schauspiel angesiedeltes Format könnte zum Markenzeichen der Ruhrtriennale unter der Intendanz des Belgiers Ivo van Hove werden. Nicht zuletzt mit der Erwartung, nach den hohen intellektuellen Ansprüchen seiner Vorgängerin Barbara Frey mit einer populäreren Ausrichtung des Festivals neue und jüngere Publikumsschichten anzulocken. Garniert mit zugkräftigen Stars lässt sich damit die riesige Bochumer Jahrhunderthalle tatsächlich mehrfach füllen.

© Jan Versweyveld

Und im letzten Jahr ging das Konzept mit der Eröffnungs-Produktion „I want absolute beauty“ auch künstlerisch auf. Die in Gesang und Darstellung überragende Sandra Hüller meisterte 26 Songs der britischen Songwriterin PJ Harvey in einer dramaturgisch straff, spannend und theatralisch lebendig aufbereiteten Story. Dieses Glück ist Hoves zweiter Produktion dieser Art, mit der er seine zweite Saison eröffnete, nicht beschieden. „I did it my way“ ist die theatralisch dünnste Kreation, mit der jemals eine Ruhrtriennale startete. Und daran kann selbst ein vielseitiger und innovativer Stargast wie der Schauspieler Lars Eidinger nichts ändern. Im Gegenteil. Von der kaum wahrnehmbaren Regie Ivo van Hoves auf sich allein gelassen, irrte oder hüpfte Eidinger ziemlich unbedarft über die Bühne. Und, noch schlimmer: Er bewies eindringlich, dass ein begnadeter Schauspieler kein besonders talentierter Sänger sein muss. Was in einem Stück, in dem nicht ein Wort gesprochen, sondern nur gesungen wird, fatale Folgen haben kann.

© Jan Versweyveld

Ivo van Hove rankt um sechs Songs aus Frank Sinatras einzigem Konzeptalbum, „Watertown“ aus dem Jahre 1970, weitere Songs Sinatras und verschiedene Gesänge aus dem Umfeld der 2003 verstorbenen Bluessängerin, Songwriterin und Frauenrechtlerin Nina Simone und knüpft daraus eine Handlung, in der es zur Trennung eines Paares kommt. Während der weiße Mann zu Hause bleibt und sein Schicksal beklagt, bricht seine schwarze Gefährtin zu einer Selbstfindungs-Tour auf, die in einem starken Engagement für die Bürgerrechtsbewegung um Martin Luther King gipfelt.

Die beiden Rollen teilen sich Lars Eidinger und die charismatische Sängerin Larissa Sirah Herden. Das Problem: Die überwiegend introvertierten, verhaltenen Songs Sinatras, die die Sicht des eher passiven Mannes umreißen, werden von den kraftvollen, teilweise elektrisierenden Gesängen der Partnerin geradezu überrollt. Um die subtilen Lieder Sinatras unter Spannung halten zu können, bedürfte es schon Frankie Boys‘ Ausstrahlung und dessen fabelhafter Phrasierung. Doch das bleibt uns Lars Eidinger schuldig. Seine Stimme verbreitet keine Aura, muss mit herben Intonationsproblemen kämpfen und lässt es an differenzierter Textgestaltung vermissen. Selbst der ultimative Hit „I did it my way“ bleibt blass und farblos.

© Jan Versweyveld

Anders seine äußerst agile, stimmlich sattelfeste und fein modifizierende Partnerin Larissa Sirah Herden, die, zusammen mit der exzellenten Band, dafür sorgte, dass der 105-minütige Abend nicht in belangloser Langeweile erstarrte. Denn szenisch hat Ivo van Hove wenig zu bieten. Die beiden Protagonisten hatten ihre Songs zu singen, wanderten über die Bühne oder rafften sich mit Mitgliedern des „Faso Danse Théâtres“ zu dürftigen und fantasielosen Tanzeinlagen auf. Larissa Sirah Herden wesentlich agiler als der Star Eidinger.

Gespielt, oder besser, gestanden wird vor der schmucklosen Fassade eines gutbürgerlichen amerikanischen Einfamilienhauses. So grau und farblos wie große Teile der ganzen Produktion. Interessant wurde es, als die Sängerin vor eingeblendeten Videosequenzen von Martin Luther King und Rasseverfolgungen zur Höchstform auflief.

Das ist aber für eine der zentralen Produktionen des Festivals zu wenig.


RUHRTRIENNALE 2025Eröffnung:
I DID IT MY WAY

Jahrhunderthalle Bochum

Premiere am 21. August 2025

Regie: IVO VAN HOVE
Mit Lars Eidinger und Larissa Sirah Herden

Infos und Tickets: www.ruhrtriennale.de.