Ein musikalisches Liebesgeflüster von und mit Stan Meus
Premiere am 01.07.2021
Meininger Staatstheater
In was hat man sie da hineingesteckt, die alternde Diva, grotesk geschminkt mit kahlem Schädel: goldene Siefelettos, bauschiges Rockgebilde, das in der Mitte tief blicken lässt, darüber ein kurzes Jäckchen, tüllbedeckte Brust? Ein Zwitterwesen, oben Mann, unten Frau.
Wer mutet ihm das zu, on the top ofstage, geblendet vom Scheinwerferlicht auf dieser halsbrecherisch geschwungenen Treppe hinabzusteigen? Vorsichtig, Schritt für Schritt, Tastenklänge und Percussion weisen Takt und Tempo, bloß nicht stürzen, das Haupt erhoben, singt er ganz leise „Mein Leben für die Liebe“. Auf den Stufen hinter ihm entfaltet sich eine phänomenale Schleppe. Fast überrascht, dass er heil unten angekommen ist, gewinnt er an Sicherheit, parliert über die Liebe in all ihren Facetten und entsprechend gestaltet sich die Liedauswahl. Hochemotional und mit Hingabe, mal witzig odertrauernd, malbelehrend und besänftigend, mal distanziert und abstrakt interpretiert er u.a. Songs von Rainhard Fendrich, Christine Busta, Ulla Hahn, Georg Kreisler oder Edith Piaf. Stan Meus, der seit 1999 als Tenor im Meininger Musiktheater im Ensemble sowie als Entertainer mit Soloprogrammen auftritt, weiß, seine Stimme einzusetzen.
Er bedient sämtliche Gefühlswelten aller Vorlieben und Gelüste, sei es die Sucht nach Schokolade oder die Vorliebe für brutalen Sex. Mit Andrey Doynikov, preisgekrönter Perkussionist, Dirigent, Komponist und Pianist hat er den idealen Hexenmeister zur Seite, der umgeben von vier Tasteninstrumenten u.a. ein Rhodes Mark V Electric Piano, ein zweimanualiger Försterflügel, Orgel und ein CM VF 8 Masterkeyboard ein Klangszenario aus seiner Hexenküche zaubert, das die Liedinhalte phantastisch inszeniert, untermalt, befeuert, akzentuiert. Er ist der eigentliche Star des Abends, der Partner schlechthin, der in der Liebe fast nie zu finden ist.
Die nach nur drei Jahren scheidende Dramaturgin Corinna Jarosch führte Regie und gestaltete die Texte. Was bleibt, ist am Ende die Gewissheit, dass Liebe stets subjektiv, selten erfüllt, meist ein Traum bleibt und mehr Trauer statt Glück bewirkt. Das Publikum 65 plus wusste das schon vorher.
Inge Kutsche, 3.7.2021
Bilder (c) Staatstheater