Teatro alla Scala 23.1. (Streaming)
Diese Produktion war 1982 für Salzburg entstanden und wurde im Jahr darauf an die Scala übernommen, wo sie noch zwei Wiederaufnahmen erlebte. Die Regie stammte von Michael Hampe, Bühnenbild und Kostüme waren dem viel zu früh verstorbenen Mauro Pagano zu verdanken. Was vermag uns diese fast 40 Jahre alte Inszenierung noch zu sagen? Da ist zu einem eine wunderbar ausgestattete Bühne mit einem Blick auf den Golf von Neapel wie er schöner nicht sein könnte. Ein Segelschiff kommt und geht, prachtvoll ist es anzusehen, wenn es mit den als Albaner verkleideten Ferrando und Guglielmo anlegt (obwohl das Meer unter der Nahaufnahme leidet und sozusagen preisgibt, wie dieser Effekt erzielt wird). Kleidsam und wunderschön sind die Kostüme. Auch musikalisch ist die merklich gut geprobte Aufführung zufriedenstellend, erzielt der anstelle von Antonio Pappano angetretene Barockspezialist Giovanni Antonini mit dem auf modernen Instrumenten spielenden Orchester des Hauses bei flottem Dirigat doch einen angenehm schlanken Klang.
Warum kam dann der Eindruck geradezu tödlicher Langeweile auf? Ich habe nachgelesen, was ich 1983 über die Produktion geschrieben hatte und musste feststellen, dass mich damals betroffen machte, wie die Rückkehr zur alten Paarkonstellation zeigte, dass es zwischen den jungen Leuten nie mehr so wie früher sein würde. Vorher war ich mit dem Finale, das die Handlung als Tändelei abtut, durchaus zufrieden gewesen. War es nun die die Regie jetzt betreuende Lorenza Cantini gewesen, die sich mit dem „üblichen“ Finale begnügte? Das glaube ich nicht, sondern was damals neu war, muss heute schon vorausgesetzt werden können. Es stellte sich einmal mehr heraus, dass man als Zuschauer durch die Jahrzehnte eine Entwicklung gemacht hat, die den neuen Maßstäben von Regie Rechnung trägt. Hier war hingegen das alte Muster der Symmetrie zu sehen, die Figuren waren wie Marionetten und ihr Handeln ohne psychologische Vertiefung. Wer die Salzburger Regie von Christof Loy im vorigen Sommer gesehen hat, wird wissen, was ich meine. Dort wurden alle menschlichen Leidenschaften bloßgelegt, hier tat sich nichts unter Perücken und Turbanen.
Eleonora Buratto ist nicht die erste, die sich mit den Tiefen der Fiordiligi (vor allem in „Come scoglio“) schwer tut, sang aber ansonsten mit angenehm ausladendem Sopran sehr gut. Mimisch hatte sie nicht viel zu bieten. Da war die Dorabella der Italokanadierin Emily d’Angelo schon lebhafter und führte ihren angenehm timbrierten Mezzo mit großer Sicherheit. Sehr soubrettig klang die Stimme der Despina Federica Guida, doch sang sie ihre beiden Arien anständig. Ausgezeichnet war Bogdan Volkov als Ferrando, der „Un’aura amorosa“ schön auf Linie und mit süßen Piani sang und bei „Tradito, schernito“ zeigen konnte, dass ihm das bei der erwähnten Produktion in Salzburg gezeigte Temperament durchaus nicht abhanden gekommen ist. Alessio Arduini war ein fescher, beweglicher Guglielmo, der ein paarmal auf die Stimme haute, offenbar um zu zeigen, dass diese für eine Vorstellung vor Publikum im großen Saal der Scala ausreichen würde. Pietro Spagnoli war ein weniger zynischer als zwischen dem Foppen seiner Freunde und Blasiertheit changierender Don Alfonso.
Nett war die Cembalobegleitung zum Pausenvorhang für die Sänger, während man sich am Schluss mit stillem Verbeugen begnügte. Als nächstes Streaming sieht die Scala die voriges Jahr erarbeitete und nicht mehr zur Premiere gekommene Inszenierung der „Salome“ vor.
Eva Pleus 24.1.20
Bilder: Brescia&Amisano / Teatro alla Scala