Palermo: „Siegfried“

Aufführung am 23.12.2015

Brünnhilde aus dem Müllsack, Siegi fährt Gabelstapler…

Bereits im Wagnerjahr 2013 hätte Graham Vick am Teatro Massimo in Palermo den gesamten Ring inszenieren sollen. Das Unternehmen gedieh aber damals nur bis zur Hälfte, da ihm ein politisch motivierter Intendantenwechsel und eine akute Finanzkrise vorläufig ein Ende bescherten. Jetzt hat das zur Ruhe gekommene Massimo das ambitionierte Projekt wieder aufgenommen und bringt binnen zweier Monate die verbleibenden Teile der Tetralogie heraus. Rheingold und Walküre waren ein großer Erfolg, und wurden sogar mit einem renommierten italienischen Kritikerpreis bedacht.

Die Premiere von Siegfried hingegen(der ja übereinstimmender Meinung vieler Wagnerianer nach ohnehin das schwächste Werk des Zyklus ist) wurde soeben mit eindeutig weniger Beifall aufgenommen. Vick legt Wert auf einen „zeitgenössischen“ Ring, und daher spielt hier der erste Akt folgerichtig in einer Art Hartz IV-Wohnküche mit Fernseher, Aquarium, Stockbetten, Campingküche…

Mehr Unterschicht geht kaum. Jung-Siegi ist ein Schlurf im Trainingsanzug, der sehr an seinem riesigen Teddybären hängt, Fafner fährt einen Gabelstapler der Straßenreinigung, Brünnhilde wird aus einem Müllsack erweckt. So viel Hässlichkeit war nicht jedermanns Sache und rief daher zwiespältige Reaktionen hervor.

Bezüglich der musikalischen Seite herrschte jedoch allgemeine Zufriedenheit. Unter der zupackenden Leitung von Stefan Anton Reck gefielen besonders Thomas Gazheli (Wanderer), Christian Voigt (Siegfried), Judit Kutasi (Erda) und Meagan Miller (Brünnhilde). Am 28. Januar folgt die Götterdämmerung. Man darf gespannt sein. Vielleicht gelingt ja Vick doch noch ein grandioser und überzeugender Abschluss.

Robert Quitta 29.12.15

Besonderer Dank an MERKER-online (Wien)

Copyright Teatro Massimo Palermo

OPERNFREUND CD-Tipp der Redaktion

Wir sind nicht unbedingt der Meinung, daß "Siegfried" das schwächste Stück des Nibelungen-Rings ist. Im Gegenteil halten nicht wenige unserer Redakteure – den Herausgeber eingeschlossen – genau diese Oper für das stärkste Stück im Ring. Damit Sie, liebe Leser, das überprüfen können, empfehlen wir die obige CD (oder Vinyl-Platte) vom niemals wieder so begnadet dirigierten "Wagner-Ring" der berühmten "Legende" Maestro Sir Georg Solti.
PB