Aufführung am 14.4.2014
Das war einer der besonderen, der ganz großen Momente im Königlichen Theater (Teatro Real) von Madrid in dieser Saison. Riccardo Muti, Generalmusikdirektor des Chicago Symphony Orchestra und im Jahre 2011 mit dem in Spanien sehr bedeutenden Preis des Principe de Asturias geehrt, kehrte mit zwei Aufführungen des Verdi-Requiems nach Madrid und Toledo zurück. Die Konzerte wurden in Zusammenarbeit mit der El Greco Stiftung zum Gedenken des vor 400 Jahren verstorbenen großen spanischen Malers veranstaltet, in memoriam an den kürzlich verstorbenen Generalintendanten des Teatro Real, Gerard Mortier. Das erste fand am 12. April in der imposanten Kathedrale der von der UNESCO zum Weltkulturerbe erhobenen Stadt Toledo statt, das zweite auf der Bühne des Teatro Real, vor total ausverkauftem Haus.
Es war der dritte Auftritt von Riccardo Muti am Teatro Real. Im März 2012 dirigierte er hier „I due Figaro“ von Saverio Mercadante und im Mai 2013 „Don Pasquale“ von Gaetano Donizetti. Bei letzterem leitete er das Orchestra Giovanile Luigi Cherubini, ein Jugendorchester mit italienischen MusikerInnen unter 30 Jahren, im Jahre 2004 von Muti selbst gegründet. Es residiert in Piacenza und beim Festival von Ravenna. Die MusikerInnen bleiben nur drei Jahre im Ensemble.
In einer nur als herausragend zu bezeichnenden Aufführung spielten Mitglieder des Orchestra Giovanile zusammen mit dem Orquesta Titular del Teatro Real und dem imposanten Coro Titular del Teatro Real, bestens einstudiert von Andrés Máspero, sowie dem Coro de la Comunidad de Madrid unter der Leitung von Pedro Teixeira Verdis Messa da Requiem. Schon der Auftakt zum 1. Satz Requiem scheint wie von einer anderen Welt, so zart und kaum hörbar beginnen die Violinen mit dem dann in größter Präzision übernehmenden Chor. Das Dies irae erklingt mit bestechender Dynamik und ist dennoch nicht zu laut. Es ist beeindruckend, wie Muti den Kontakt mit den einzelnen Gruppen herstellt, wie in einem ständigen Dialog, mit exakten, aber immer ruhigen, mit größter Souveränität vollführten Handbewegungen. Das Orchester beeindruckt über das ganze Stück durch enorme Transparenz und höchste Musikalität.
Hinzu gesellen sich die durchwegs erstklassigen Stimmen der vier SolistInnen. Tatjana Serjan überstrahlt mit ihrem leuchtenden dramatischen Koloratursopran mühelos die von Muti stets in bestem Einklang mit den Singstimmen geführten MusikerInnen. Die in Moskau gebürtige Ekaterina Gubanova hat nicht nur ganz große Momente mit ihrem tragfähigen Mezzo in Lux aeterna. Der Italiener Francesco Meli verfügt über eine klangvoll timbrierte Tenorstimme, die mit ihrem großen Volumen ebenfalls mühelos über dem Orchester erstrahlt. Der Russe Ildar Abdrazakov besticht mit seinem jugendlich frischen und äußerst kultiviert geführten samtenen Bass.
Die vom Podium ausgehende Spannung dieses exzellenten Ensembles unter so prominenter musikalischer Leitung schien auf das Madrider Publikum überzuspringen. Es lauschte dem Ereignis mit größter Konzentration und spendete am Ende enthusiastischen Beifall – ja wollte die AkteurInnen kaum gehen lassen, bis Riccardo Muti die Seinen schließlich in die Garderobe entließ. Der Applaus dauerte länger als jener zwei Tage zuvor bei der Premiere des neuen „Lohengrin“ an der Wiener Staatsoper…