Freiburg: „Der Ring des Polykrates“, Erich Wolfgang Korngold

Vor der Oper, sozusagen als Einstieg in den Kosmos Korngold, präsentierte Fabrice Bollon mit dem Philharmonischen Orchester Freiburg einige Kompositionen des Komponisten, einen Querschnitt durch das Werk Erich Wolfgang Korngolds (1897-1957). Bollon beginnt mit "THEME AND VARIATIONS Op. 42" aus dem Jahr 1953. Seine Interpretation ist geprägt von ausgezeichneter Dynamik und hoher Präzision, gepaart mit einem Einfühlungsvermögen in die Intentionen des Komponisten. Dies zeichnet grosse Dirigenten aus.

Aus dem Jahr 1916 stammen die "SECHS EINFACHE LIEDER, Op.9". Irina Jae-Eun Park interpretiert zusammen mit dem Philharmonischen Orchester vier dieser Lieder:

SCHNEEGLÖCKCHEN (Nr.1), STÄNDCHEN (Nr.2), LIEBESBRIEFCHEN (Nr.4) und SOMMER (Nr.6)

Ihre Intonation, ihre Musikalität lässt erahnen, was der junge Korngold ausdrücken wollte. Das Melos ist nicht so eingängig wie bei Josef Eichendorff Vertonungen aus dem 19. Jahrhundert von Hugo Wolf oder Robert Schumann. Die Komposition ist eindeutig dem 20. Jahrhundert zuzuordnen.

"DER STURM", die Vertonung des Gedichtes von Heinrich Heine entstand 1913. Gesungen wurde dieses Werk vom Opern- und Extrachor des Theater Freiburg. Einstudiert hat die Komposition der Chorleiter Norbert Kleinschmidt.

Als Abschluss des ersten Teils präsentierte der Opern- und Extrachor des Theater Freiburg Korngolds einziges religiöses Werk: PASSOVER-PSALM Op. 30 aus dem Jahr 1941. Begleitet wurden die Chorwerke wiederum vom Philharmonischen Orchester, dirigiert von Fabrice Bollon.

Dieser erste Teil vor der Pause wurde vom Publikum frenetisch applaudiert. Für mich ein Hinweis darauf, dass auch die Musik des 20. Jahrhunderts ein grosses Publikum hat.

Nach der Pause dann die kurze, kurzweilige Oper, basierend auf einem Lustspiel aus dem Jahre 1888, geschrieben von Heinrich Teweles.

Die Handlung:

>An einem Herbstnachmittag des Jahres 1797 in der Stube im Stil des ausgehenden 18. Jahrhunderts in einer kleinen sächsischen Residenz versichern einander Florian und Lieschen ihres gegenseitigen Heiratswunsches. Wilhelm und Laura, zwei glückliche Eheleute, freuen sich über die Beförderung von Wilhelm zum Hofkapellmeister. Wilhelms Freund Peter Vogel, dem auf der Reise Papiere und Geld gestohlen wurden, kündigt in einem Brief seinen Besuch an und bittet, ihn auf einer Poststation auszulösen.

Vogel trifft ein und betrachtet zunächst allein die Behaglichkeit der Wohnung von Wilhelm. Das folgende Gespräch mit Wilhelm hat Vogels Pech und Wilhelms Glück zum Gegenstand. Vogel beruft sich auf die Ballade Der Ring des Polykrates von Friedrich Schiller, um Wilhelm zur Besänftigung der Götter ein selbst vor dessen Eheglück nicht haltmachendes Opfer abzuringen.

Wilhelm sucht daraufhin Streit mit Laura, fragt nach ihrer Treue und macht ihr Vorwürfe, sodass Laura ihre Ruhe nicht länger bewahren kann.

Nun stellt auch Florian sein Lieschen auf die Probe, indem er mit allen Mitteln versucht, seinen Herrn zu imitieren, was Lieschen für die Wunderlichkeiten eines Betrunkenen hält. Wilhelm und Laura werden Zeugen dieser Nachahmung, wodurch ihnen ihr gegenseitiges Missverständnis bewusst wird. Florian und Lieschen erhalten im Zuge der glücklichen Aufklärung dieses Missverständnisses die Heiratserlaubnis, während Vogel als Störenfried des Glücks unsanft vor die Tür gesetzt wird<. (© Wikipedia) Im Prinzip ist es nichts anderes als eine Verwechslungsgeschichte ohne explizite Verwechslung.

Die relativ unbekannte Kurzoper des jungen Korngold wurde 1916 im Hoftheater München uraufgeführt und wurde ein grosser Erfolg. Es dirigierte Bruno Walter!

Die Regie von Teresa Rotemberg lässt Text und die stimmige Musik sprechen und reduziert die Handlung und die Requisiten auf ein Minimum. Dies kommt der eingängigen Musik und den amüsanten Dialogen zugute. Die Regie begnügt sich mit einer fast konzertanten Inszenierung. Trotz dieser Reduzierung auf ein Minimum erleben Zuschauerinnen und Zuschauer eine Komödie im besten Sinn des Wortes.

Das Philharmonische Orchester Freiburg mit seinem Chefdirigenten, Fabrice Bollon, spielt die zum Teil sehr moderne Komposition Korngolds mit viel Einfühlungsvermögen. Man spürt dass sich Bollon mit seinem Orchester eingehend mit der Musiksprache des Komponisten beschäftigen.

Als Protagonistinnen und Protagonisten auf der Bühne:

Jeff Gwaltney als Hofkapellmeister Arndt, Arminia Friebe als sein Gattin Laura, Roberto Gionfriddo als Paukenist Florian Döblinger mit seiner Verlobten Lieschen, gesungen von Irina Jae-Eun Park und als Advocatus Diaboli und Freund Arndts hören wir Peter Vogel.

Das ganze Team auf der Bühne singt mit herausragender Intonation und ausgezeichneter Diktion. Dazu kommt die komödiantische Begabung der fünf Bühnenkünstler, welche die Geschichte mit überzeugender Mimik, Gestik und Körpersprache erzählen.

Das zahlreich erschienene Nachmittagspublikum (Premierenbeginn 15.00 Uhr) belohnte die Arbeit auf der Bühne und im Orchestergraben mit langanhaltendem Applaus.

Peter Heuberger, Basel

© Britt Schilling