Mit Nino Rotas Märchenoper hat Hildesheim wieder etwas Besonderes auf die Bühne gebracht. 1968 in Neapel uraufgeführt, hat das Werk einen etwas steinigen Weg genommen, denn es taucht nur sehr selten in Spielplänen auf. Dabei ist Rotas durch Spielfilme („Der Pate“/„Tod auf dem Nil“/„La dolce vita“) bekannt plakative Musik auch hier wunderbar illustrierend. Da wird mit Pauken und Blech gezaubert, mit Flöten und lieblichem Chorgesang kontrastreich gespielt.
Für die Regie hatte man sich Petra Müller (Spielleiterin an der Staatsoper Hamburg) geholt, die mit Hilfe von Sandra Linde (Bühne und Kostüme) eine lebhafte Inszenierung des bekannten Märchens aus „1001 Nacht“ schuf. Mit wenigen, orientalisch anmutenden Versatzstücken aus dem Schnürboden und leichten, auf Rollen laufenden Accessoires wie Steine, Palmen oder Prunkbett im Schloss ließen sich die jeweiligen Handlungsorte zügig verändern. Die teils schlichten, teils prächtigen Kostüme waren passend dazu eine Augenweide.
Die musikalische Seite lag in Händen des erfahrenen Dirigenten und Chordirektors Achim Falkenhausen, der die Kontraste in Rotas spannender Musik, die nur wenige Anklänge an Orient enthält, mit dem Orchester deutlich herausarbeitete und mit klarer Zeichengebung Bühne und Graben zu einer Einheit verschmelzen ließ. Man merkte von der Eröffnungsszene mit dem sauber intonierenden Kinderchor an, dass es allen Beteiligten Spaß machte. Als Titelheld war Yohan Kim ein agiler Aladin, der seine kräftige Tenorstimme machtvoll einsetzte; er sollte aber auch seinen leiseren Tönen mehr vertrauen. Im Spiel machte er die Entwicklung vom lockeren Jugendlichen bis zum ernsthaft Liebenden deutlich. Neele Kramer gefiel darstellerisch als Schneiderwitwe, die für ihren Sohn sogar den König mutig um die Hand seiner Tochter bittet, ebenso wie sängerisch durch ausdrucksstarke Interpretation der Partie. Eindrucksvolle Akzente setzte Robyn Allegra Parton als Prinzessin Badr-al-Budúr mit facettenreichem Sopran, der der anspruchsvollen Partie voll gerecht wurde. Ihr Liebesduett mit Aladin war ein Höhepunkt des Abends. Ihren dem Reichtum ergebenen Vater (Sultan) erfüllte Uwe Tobias Hieronimi mit klangvollen Basstönen und ausgezeichneter Darstellung. Musikalisch sehr gut gelungen war das Quartett dieser vier Solisten. Der Zauberer aus Maghreb wurde von Eddie Mofokeng wenig furchteinflößend dargestellt; seinen schönen
Bariton präsentierte er am Besten mit dem hoffnungsvollen „Magische Lampe, bald bist du mein“. Leider wurde er sonst leicht vom Orchester übertönt.
In weiteren Rollen erlebte man Marco Simonelli als Goldschmied, Julian Rohde, Chun Ding und Stephan Freiberger als muntere Freunde Aladins sowie Kathelijne Wagner als braves Dienstmädchen und vor allem Jesper Mikkelsen in der Doppelrolle als Lampen-/Ringgeist, der wunderbar kostümiert allen Wünschen nachkam. Dazu waren Chor und Jugendchor des TfN lebhaft beteiligt und erfüllten ihren Part mit ausgewogenem Klang.
Das Publikum dankte allen Mitwirkenden einschließlich Regieteam mit starkem Applaus am Premierenabend.
Aber: Da es ein Märchen aus Arabien war, wurden die Obertitel in arabischen Schriftzeichen angezeigt. Man konnte zwar aus der Musik entnehmen, worum es ging, aber von den Chören und Gesangssolisten war trotz deutscher Sprache nicht viel zu verstehen. Grundsätzlich ist es gut, auch für Obertitel neue Wege zu gehen, aber vielleicht könnte man doch links Arabisch und rechts Deutsch eingeben? Das würde vielen Zuschauern sicher weiterhelfen.
Bilder: © Falk von Traubenberg
Marion Eckels 20. Februar 2022
Weitere Vorstellungen in Hildesheim: 26.2.; 04./15.3.; 02./05.05.; 19.06. u.a.