Dem TfN ist es gelungen, die deutsche Erstaufführung des Musicals von Danny Rubin (Buch) und Tim Minchin (Musik und Gesangstexte) nach dem gleichnamigen Columbia Pictures Film und der ursprünglichen Erzählung von Rubin in einer quirligen Inszenierung herauszubringen. Mit dem speziellen Musical-Ensemble und einer kleinen Band gelang ein spannender Abend. Jens Daryousch Ravari ließ die Künstler sehr lebendig agieren, arbeitete dabei auch mit Spots, die intimere Momente zuließen. Für die Bühne hatte Felix Wienbürger praktikable Schrank- und Tresenelemente auf Rädern konstruiert, die sich leicht verschieben und zu neuer Szene zusammenstellen ließen. Die passenden Kostüme heutiger Zeit steuerte Sybille Gänßlen-Zeit bei. Herrlich war die Choreographie von Doris Marlis, die in einem schmissigen Stepp-Tanz gipfelte.
Die zunächst schlichte Komödie entwickelt sich zu einem moralischen Selbsterkennungsprozess: Der Wetter-Ansager Phil Connors, Macho und Misanthrop, wird nach Pennsylvania geschickt, um vom Murmeltiertag zu berichten, wo jedes Jahr das Murmeltier aus dem Winterschlaf geholt und nach seinem Schattenwurf der baldige oder späte Frühlingsbeginn vorhergesagt wird. Und dann soll er noch mit der neuen Produktionsleiterin Rita und dem Fahrer Larry zusammenarbeiten! Ein aufkommender Schneesturm verhindert eine schnelle Rückfahrt, so dass alle noch im kleinen Ort Punxsutawney bleiben müssen. Da gerät Phil in eine Zeitschleife und erlebt diesen Tag immer wieder, so dass er sich immer neu entscheiden und sein eigenes Verhalten den anderen gegenüber überdenken, bzw. in kleinen Schritten ändern kann.
Jürgen Brehm als Phil gelang die Wandlung vom fiesen, menschenverachtenden zu einem freundlich einsichtigen Typen sehr gut. Als er bei Rita allerdings auf Granit beißt und keinen One-night-stand erreichen kann, beginnt er zu erkennen, dass er bei ihr mit herzlosen Worten nicht landen wird. Wirtzig war die Szene, als er ihr im Café die Long-Weste abnimmt und nach freundlichen Worten in einer kleinen Wiederholungsschleife immer wieder irgendeinen Spruch loslässt, der Rita stört und sie veranlasst zu gehen. Auch Elisabeth Köstner als Rita macht eine Wandlung durch, als sie erkennt, dass Phil sich selbst nur im Wege steht, und ist bereit, ihm ein wenig entgegenzukommen. Mit Irgendwann kommt bestimmt ein Prinz träumt sie sich in die Zukunft. Aber erst nach Phils Ich sehe Dich wie zum ersten Mal finden sie zum erlösenden Kuss und Happyend. Aus dem übrigen äußerst sanges- und tanzfreudigen Ensemble seien nur zwei Songs herausgehoben: Eindringlich wurden das traurige Niemand schert, was ich sag von Katharina Wollmann als Nancy und das Sei beruhigt, die Nacht bricht an von Ömer Örgey als Ned vorgetragen.
Andreas Unsicker (Flügel/Keyboard) leitete die kleine Band mit Schlagzeug, Bass, Gitarren, Trompete/Flügelhorn und Holzbläsern, die die Geschichte mit Polka, Samba, Jazz und Funk schwungvoll und so stark untermalten, dass dabei leider manchmal die deutschen Gesangstexte untergingen. Das war technisch schlecht ausgesteuert, aber die englischen Obertitel halfen dem Verständnis dann ein wenig nach.
Das begeisterte Publikum dankte allen Beteiligten des höchst unterhaltsamen Abends mit standing ovations.
Marion Eckels, 8. Oktober 2024
und täglich grüßt das Murmeltier
Musical von Tim Minchin
Hildesheim – Theater für Niedersachsen (TfN)
Premiere am 14. September 2024
Besuchte Vorstellung am 7. Oktober 2024
Inszenierung: Jens Daryousch Ravari
Musikalische Leitung: Andreas Unsicker
TfN-Philharmonie
Weitere Vorstellungen: 12.+13.10. (Schweinfurt), 18.10. (Neumünster), 20.10.+25.11.+12.12. (Hildesheim), 25.10. (Emden), 16.11.(Itzehoe), 20.11. (Langenhagen) und öfter