besuchte Vorstellung am 22. September 2018, Premiere
Die Eröffnungspremiere ist immer eine besondere Angelegenheit. In Hof setzte man dieses Jahr auf bewährtes aus der Feder Giuseppe Verdis. Man gab Rigoletto, jenes Drama um einen Vater und seine Tochter. Lothar Krause verlegte das Renaissancestück ins faschistische Mussolini Italien.
Im, mit gediegenem Biedermeiermöbelmobiliar gefüllten, Bühnenbild tummelt sich der Abschaum der Macht. Liebling des Herzogs ist Rigoletto. Gezeichnet an Körper und Seele, im Gesicht durch ein Bristoler Lächeln markiert, wird er zum Vertrauten des Herzogs, zum Regisseur dessen makabren Spielen. Erfolg erzeugt Neider, und so trachten die Höflinge des Herzogs nach seinem Glück
Rigoletto führt ein Doppelleben. Auf der einen Seite der makabre Spaßmacher des Herzogs, auf der anderen Seite ein liebender, übervorsichtiger Vater. Zusammen mit seiner Tochter Gilda musste er nach Mantua fliehen, wir erfahren nie die Gründe weshalb. Gilda wird in einem goldenen Käfig gefangen darf nur zur Kirche gehen hat keinerlei sonstige sozialen Kontakte. Mehr…
Musikalische auf höchstem Niveau spielen die Hofer Symphoniker unter Walter Gugerbauer, der sein Orchester stets transparent und niemals die Sänger überlagernd musizieren lässt. Minseok Kim ist ein sehr jugendlicher, erfolgsverwöhnter Herzog, der seine Bande nach seiner Pfeife tanzen lässt. Sein Tenor erfüllt alle Erwartungen an diese Rolle. Anton Keremidtchievs hell tembrierter Bariton entspricht nicht den üblichen Rigoletto Klischees, lässt aber durch feine Nuancen die verschiedensten Seelenzustände des Hofnarren deutlich erkennen. Die eigentliche Entdeckung des Abends ist aber Lubov Skrebets. Die junge Sängerin meistert die schwierige Partie der Gilda, als ob sie ihr Leben lang nichts anderes gesungen hätten. Ihre Koloraturen sind ein Fest für die Ohren, ihr natürliches Spiel, ein junges Mädchen an der Schwelle zum Erwachsenwerden, ein Fest für die Augen.
Rainer Mesecke gibt seinem Sparafucile durchaus sympathische Züge. Seinen Bass setzt er genauso souverän ein, wie der Killer seine Klinge. Stefanie Rhaue ist als Haushälterin Giovanna genauso überzeugend wie als Hure Maddalena. Ihre Stimme zieht alle Register ihres Fachs.
Auch die Nebenrollen kann das Theater Hof erstklassig besetzen. Egal ob es der Borsa Markus Grubers ist oder Thilo Anderssons Marullo, Igor Storozhenkos Graf von Monterone oder Daniel Milos Ceprano, sie alle schaffen es in ihren kleinen Rollen Zeichen zu setzen.
Annette Mahlendorfs Bühnenbild, ein klaustrophobischer Trichter, der in die Abgründe, in die Düsternis der Seelen führt, ist für die ganze Oper gültig. Einzige Veränderung für die jeweiligen Schauplätze ist das Mobiliar, vom Biedermeier der Mafiazentrale über das Metallbett Gildas, bis hin zum einfachen Holztisch bei Sparafucile.
Lothar Krause erfindet Verdis Rigoletto nicht neu, aber durch seine kluge Personenführung, die Tatsache, dass er jeder Figur eine eigene Geschichte gibt und dadurch eine vielschichtige Persönlichkeit, unterscheidet sich diese Rigoletto von der üblichen Durchschnittsware. Mittelpunkt seiner Inszenierung ist weder Rigoletto, noch der Herzog, Krause stellt Gilda in den Fokus.
Ihr Schicksal, ihr Weg in den Tod wird als konsequente Folge von Ereignissen dargestellt. Im Finale, wenn Gilda von den Toten erwacht, erlaubt er sich etwas Versöhnlichkeit. Mit viel Bühnennebel und verheißendem blauen Licht gestattet er dem Mädchen den Schritt in ein besseres Leben, auch wenn es kein diesseitiges ist.
Der Premierenabend endete für alle Beteiligten unter frenetischem Applaus und Standing Ovations.
Alexander Hauer 18.10.20128
Bilder von H. Dietz Fotografie, Hof