Live-Event am 28. August 2016 auf der Krefelder Rennbahn
Hinreißender Abend
Als "Film- und Konzertereignis der besonderen Art" kündigte die Pressestelle des Theaters Krefeld Mönchengladbach die Präsentation des Films "Das Cabinet des Dr. Caligari" (1921) auf der Krefelder Rennbahn an. Um es gleich vorweg zu nehmen: Ich kann dies als alter Konzert- und Filmkritiker nur dreimal unterstreichen !!!
Selten kann man so begeistert über ein Kulturereignis berichten. Was war das für ein toller, hochspannender Abend in geradezu begnadet schöner Sommer-Atmosphäre da am Sonntag (2.Tag), denn im Gegensatz zur Premiere des Vortages war der Himmel klar und es war trocken und nicht zu warm. Dann wird diese herrlich gelegene alte Rennbahn zum geradezu idyllischen Kinostelldichein der wirklich besonderen Art. Sehr schade, daß nur gerade einmal die Hälfte der überdachten Zuschauer-Tribüne besetzt war.
Liebe Krefelder Musik- und Kinofreunde, was ist, was war los mit Euch? Wo ward ihr an diesem Abend? Meine Güte – was habt Ihr da verpasst!
Da bietet Euch das SWK-Open-Air-Kino in Zusammenarbeit mit den großartigen Niederrheinischen Sinfonikern einen Filmabend der Extraklasse – ein wirkliches EVENT – und keiner geht hin…
Was der Besucher hier für faire 39 Euro mit LIVE-ORCHESTERMUSIK geboten bekam war einmalig und ist leider unwiederholbar. Ich habe selten so eine stimmiges Gesamtbild von Wetter, Film und Livemusik erlebt, auch und weil eben die quasi neue (2010) wunderbar komponierte Filmmusik von Stéphane Fromageot die hochspannenden Bilder kongenial begleitete; in Perfektion von den Krefelder Musici unter dem großartigen Andreas Fellner realisiert.
Das Orchester ist direkt neben der Leinwand in eine zehnmal zwölf Meter große und überdachte Bühne platziert und erklingt akustisch durchaus konzert-atmosphärisch akzeptabel.
Filmkenner wissen über diesen Meilenstein der Filmgeschichte – jenem großen expressionistischen Stummfilmklassiker von Robert Wiene, der hier in der akribisch und liebevoll restaurierten Langfassung (in sagenhaften 4 K Bild für Bild digital überarbeitet!) vorlag, Bescheid. Wer sich für mehr Informationen interessiert, sollte den hervorragenden Artikel in Wikipedia lesen, aus dem ich mir einzelne Zitate erspare, denn er ist in Gänze absolut informativ und lesenswert.
Stephane Fromagèot ist, da selber studierter Kapellmeister, ein ausgewiesener Fachmann und Musikkenner; nicht nur in der Klassik-Szene der 20-er Jahre, denn nicht nur die hinreißenden Anspielungen an, pars pro toto Korngold, Schreker, Ravel, Zemlinsky oder Bartok sind unüberhörbar, sondern auch der große Bernard Herrmann klingt mit seinen Hitchcock-Filmmusiken durch.
Dabei ist die Musik die ideale Spannungsergänzung zum Film – was Filmmusik ohnehin eigentlich immer sein sollte. Man wird regelrecht in die Geschichte hineingezogen und vergisst fast Raum und Zeit. Und das alles ohne digitalen mehrkanaligen Surround-Sound der heutigen Tage. Der Film wirkt überhaupt nicht mehr stumm, sondern hier ersetzt Musik jede Sprache, jedes Wort – man vermisst keinen Text, da auch die Zwischentitel künstlerisch auf bravouröse Weise gestaltet sind. Was für ein Erlebnis!
Peter Bilsing 30.8.16
Bilder: Krefelder-Rennclub.de / SWK-Open-Air-Kino / Theater Krefeld M. Stutte
P.S. Maldito
Wie schön wäre es gewesen und hätte diesen Abend perfekt gemacht, böte man auch in der Gastronomie des Umfelds adäquate Qualität. Doch was dort offeriert wurde, spottet jeder Beschreibung und entwertet das Wort "Gastronomie" zur Farce.
Schnöder Bratwurstverkauf aus einem kleinen Campinganhänger, in welchem sich drei nette, aber erkennbar inkompetente, weil völlig überforderte Damen auf die Füße traten und nach Bezahlung (dann erhielt man ein Nümmerchen wie auf der Behörde) per Zuruf quer über den Platz ihre Kunden zum Essenabholen aufforderten.
Kollege Zerban beschreibt es noch genauer.
Würde man das wirklich miese Angebot mit Schulnoten bewerten, käme man als Lehrer um eine "7" kaum herum: Teil angekokelte semi-gewürzte Pommes, ein halbkalter Hamburger (mit Krautsalat in einer schuhputzcrème-großen an Aldiware erinnernden flachen Plastikdose mit Deckel) rund eine ungeschnittene immerhin gebräunte Bratwurst zierten unsere Papp-Teller. Immerhin brauchte man jene Bratwurst nicht in die nackte Hand zu nehmen, denn es lag ein wunderschöner organgener Plastik-Pommes-Aufpicker von 6 cm Länge dabei…