Premiere: 11.11.2018
Alle Jahre wieder…
Woran merkt der regelmäßige Operngänger, dass die Weihnachtszeit ins Haus steht? Richtig, auf den Spielplänen Land auf, Land ab ist wieder die wunderbare Märchenoper „Hänsel und Gretel“ von Engelbert Humperdinck zu finden. Dabei hat das Werk an sich wenig mit dem Weihnachtsfest gemein, sieht man einmal von der von Richard Strauss dirigierten Uraufführung am 23. Dezember 1893 in Weimar ab. Dies aber auch nur, weil die zuvor geplanten Premieren in München und Karlsruhe auf Grund einer großen Grippewelle verschoben werden mussten. Unter diesem Gesichtspunkt bekommen die kleineren Hustereien heutzutage in der Winterzeit eine verschwindend geringe Bedeutung, aber lassen wird dieses heikle Thema mal beiseite, auch wenn eine Dame in der besuchen Premiere gefühlte 5 Minuten ihre Handtasche nach einem Hustenbonbon durchwühlte.
Nach der wunderbaren „Zauberflöte“ und „Der Faschingsfee“ gelingt dem Theater Krefeld die dritte vom Publikum frenetisch gefeierte Premiere in Folge, am vergangenen Sonntag wollte der Applaus im bis auf den letzten Platz gefüllten Theatersaal gar nicht enden. Und dies zurecht, denn die Produktion kann in allen Bereichen überzeugen. Die Niederrheinischen Sinfoniker spielten die Partitur unter GMD Mihkel Kütson so detailliert und kraftvoll, dass es eine wahre Freude war. Und auch wenn im Gegensatz zur Premiere in Mönchengladbach vor ca. zwei Jahren nun Übertitel verwendet wurden, ließ das Orchester den Sängern genügend Raum, so dass sich ein harmonisches Gesamtbild ergab. Als Besenbinder Peter gab Johannes Schwärsky nicht nur optisch eine passende Figur, auch stimmlich wusste er zu gefallen. Ebenso Eva Maria Günschmann als seine Ehefrau Gertrud. Die Titelpartien übernahmen Susanne Seefing als Hänsel und Sophie Witte als Gretel. Deutlich weniger Text hatte Markus Heinrich als Knusperhexe zu bewältigen, dafür gab es für ihn größere Schauspielszenen. Abgerundet wurde die in allen Teilen einfach nur wunderbare Besetzung durch das Opernstudio-Mitglied Panagiota Sofroniadou als Sand- bzw. Taumännchen.
Für Inszenierung, Bühne und Kostüme zeigt sich Hinrich Horstkotte verantwortlich, der einmal mehr alle drei Bereiche selbst abdeckt. Dabei inszeniert er das Märchen in einer recht düsteren Art, allzu kleine Kinder sollte man daher vielleicht nicht mit in diese Vorstellung nehmen. Dafür fühlt man sich als Erwachsener durchaus gut unterhalten, dies begann schon mit der bebilderten Ouvertüre bei der verschiedene Märchenfiguren von der Hexe im Ofen zu Lebkuchenmännchen gebacken wurde. Diese „Armee der Lebkuchenmännchen“ nahm im weiteren Verlauf der Inszenierung auch eine gewichtige Rolle ein, tauchten Sie doch immer wieder mal auf, fast schien es so, als wollten Sie Hänsel und Gretel den Weg zum Knusperhäuschen weisen. Weiteres zentrales Element waren die gebundenen Besen, die bereits im Haus von Peter und Gertrud omnipräsent sind und sich später durch eine nett inszenierte Drehung in einen Wald aus Besen verwandeln. Vielleicht für einige Kinder etwas zu abstrakt, aber durchaus mit einem gewissen Witz.
Allgemein weiß die Inszenierung zu gefallen, stellt sie sich doch ganz im Sinne der Geschichte etwas in den Hintergrund, setzt aber immer wieder entscheidende Akzente. Lediglich das Sandmännchen als Doktor und das Taumännchen als eine Art Hobbit sind vielleicht etwas Geschmackssache und wirken eher wie ein kleiner Stielbruch. Gut einstudiert zeigten sich am vergangenen Sonntag auch der Kinderchor Theaterspatzen (Einstudierung: Susanne Seefing), der durch Kinder der Musikschule Krefeld (Einstudierung: Chao-Li Chen) ergänzt wurde. Wie bereits eingangs erwähnt feierte das Premierenpublikum alle Beteiligten mit lautem und langem Applaus, der insbesondere beim Orchester fast orkanartig anstieg.
Markus Lamers, 13.11.2018
Bilder: © Matthias Stutte