Dass an diesem Abend ein ganz besonderes Treffen stattfindet, konnte man schon vor dem Beginn des Konzerts ahnen. Das Publikum war in bester Stimmung und der Konzertsaal bis auf den letzten Platz besetzt. Es kommt nicht oft vor, dass sich zwei der prominentesten Pianisten unserer Zeit zusammenfinden, um gemeinsam ein außerordentlich interessantes Programm zu gestalten.
Wenn Yuja Wang und Víkingur Ólafsson auf der Bühne erscheinen, könnte der optische Unterschied zwischen den beiden kaum grösser sein. Da der im eleganten Anzug mit Krawatte gekleidete Víkingur Ólafsson und dort die für ihre extravagante Garderobe bekannte Yuja Wang im knallgelben Minirock.
Daher erscheint einem das erste Werk des Abends „Wasserklavier“ aus dem Jahre 1965 von Luciano Berio, welches nur gerade 2 Minuten dauert wie ein sich Heran“tasten“ der beiden Pianisten.
Bereits beim zweiten Stück, der im Jahre 1828 entstandenen „Fantasie f-Moll D 940“ für Klavier zu vier Händen von Franz Schubert, entfaltet sich die Faszination, welche dieses Zusammenspiel zu einem ganz besonderen macht.
Mit „Experiences Nr. 1“ für zwei Klaviere von John Cage und der „Studie Nr. 6“ von Conlon Nancarrow, arrangiert für zwei Klaviere von Thomas Adés, kamen zwei kurze Werke zu Gehör, welche durch ihre Eigenwilligkeit kaum unterschiedlicher hätten sein könnten. Eine überaus interessante Begegnung mit zwei selten gespielten Werken.
Vor der Pause erklang noch „Hallelujah Junction“, eine Komposition von John Adams aus dem Jahre 1996. Da werden die Zuhörer von den ineinanderfließenden Klangwogen förmlich mitgerissen. Man kommt nicht aus dem Staunen heraus, wie die beiden Pianisten dieses faszinierende Werk interpretierten. Das Publikum war bereits an dieser Stelle aus dem Häuschen!
Mit Arvo Pärt‘s kurzem „Hymn to a Great City“, begann der zweite Teil dieses äußert abwechslungsreichen Konzertes.
Das Hauptwerk des zweiten Teils, Sergej Rachmaninows „Sinfonische Tänze op 45“ für zwei Klaviere, wurden zu einem berauschenden Erlebnis. Dieses 1940 entstandene Werk war ursprünglich als Orchestermusik gedacht und sollte als Ballett aufgeführt werden. Das Projekt kam jedoch nicht zustande und Rachmaninow komponierte kurz darauf eine Version für zwei Klaviere. Diese Komposition spielte er selbst gemeinsam mit Vladimir Horowitz privat, aber nie öffentlich.
Was Yuja Wang und Ólafsson Víkingur in den drei Sätzen dieses Werkes an Virtuosität boten, war absolut beeindruckend. Was für ein faszinierendes Zusammenspiel der beiden! Da haben sich zwei eigenständige Persönlichkeiten zu einem kongenialen Duo zusammengefunden.
Der nicht enden wollende Applaus und Jubel des Publikums wurde mit fünf Zugaben belohnt. Der „Ungarische Marsch Nr. 1“ für vier Hände und die „Walzer Nr. 2 und 4“ für vier Hände von Johannes Brahms, der „Militär Marsch Nr. 1“ für vier Hände von Franz Schubert. Ferner aus der Jazz Suite von Alexander Tsafasman „Nr. 1. Snowflakes“ für zwei Klaviere und den „Slawischen Tanz Nr. 2“ für vier Hände von Antonín Dvorák.
Man hätten den beiden Klavierstars noch lange zuhören können und verließ die Tonhalle im Bewusstsein, ein solches Rezital nicht so schnell wieder zu erleben.
Marco Stücklin, 17. November 2024
Besonderer Dank an unsere Freunde vom OPERMAGAZIN
Klavierrezital
Yuja Wang und Víkingur Ólafsson
Tonhalle Zürich
25. Oktober 2024