Wiener Staatsballett am 2.5.2016
Farbenprächtiges Ballettdrama
Das Ballettdrama um Kronprinz Rudolfs Frauengeschichten, die schliesslich in einen gemeinschaftlichen Selbstmord gipfeln, ist wieder am Spielplan des Wiener Staatsballetts – ein sehr dankbares Stück, da sehr viele kleinere und grössere solistischen Partien dem Ensemble die Möglichkeit gibt, Persönlichkeit zu zeigen. Nicht zuletzt auch für den Kronprinzen Rudolf, welcher im 1. Akt quasi nonstop auf der Bühne ist, und neben den zahlreichen Pas de deux mit wechselnden Partnerinnen und Soli auch mehrere Szenen mit den 4 Offizieren (besonders hervorragend fällt hier Masayu Kimoto auf) tanzt und vor allem darstellerisch sehr gefordert wird.
Roman Lazik, welcher schon allein vom Aussehen her perfekt für Prinzenrollen passt, hatte zwar anfangs etwas Startschwierigkeiten in den diffizilen Soli und abwechslungsreichen Pas de deux (Kronprinz Rudolf hat gleich sechs verschiedene Partnerinnen, davon vier Pas de deux allein im 1. Akt!), fand jedoch mit dem 2. Akt ganz in die Rolle hinein und harmonierte mit seiner Hauptpartnerin Irina Tsymbal besonders gut. Diese wiederum ist seit Jahren mit der Rolle der Mary Vetsera vertraut und vereint einmal mehr gekonnt Dramatik und jugendliche Verliebtheit mit akrobatischer Souveränität, ohne allerdings routiniert zu wirken. Ihren Partien stilvoll von Anfang bis zum Schluss Leben zu verleihen, und dabei nicht nur die Schritte sauber zu absolvieren, ist zweifelsohne eine der Stärken von Tsymbal. Kongenial dazu die ausdrucksstarke Ketevan Papava als Gräfin Larisch, sowie die elegante Natascha Mair als Kronprinzessin Stephanie, welche im Finale des 1. Aktes geradezu schwerelos in den komplizierten Hebefiguren wirkt.
Davide Dato verleiht mit Präzision dem Kutscher Bratfisch einen Charme von Charlie Chaplin und holt das Maximum aus der kleinen, aber feinen Rolle heraus, ebenso die schlichtweg brillante Liudmila Konovalova als Mizzi Caspar. Als sehr junge, zierliche Kaiserin Elisabeth zeigt Iliana Chivarova perfekte Fussarbeit in einem ästhetischen Pas de deux mit Colonel „Bay“ Middleton (nobel: Eno Peci), während Thomas Mayerhofer als Kaiser Franz Joseph für seine Liaison mit Katharina Schratt (wortdeutlich und wohlklingend: Aura Twarowska) einen verächtlichen Blick von Mutter Erzherzogin Sophie (hervorragend: Beata Wiedner) erntet. Bestens aufeinander eingespielt war das Corps de Ballett, die auch die Farbenpracht der Kostüme elegant präsentierten.
Unter der Leitung von Fayçal Karoui spielte das Orchester der Wiener Staatsoper bisweilen etwas uneins, fand sich allerdings ab dem 2. Akt zusammen. Auch wenn der Applaus vergleichsmässig kurz war, ist es eine sehenswerte Produktion. In der Vorstellung vom 19.5. wird übrigens 1. Solotänzer Kirill Kourlaev in seiner letzten Hauptrolle zu erleben sein, da er mit Ende der Saison bedauerlicherweise seine Tänzerkarriere beendet.
Folgevorstellungen: 5., 15. und 19.5.2016
Katharina Gebauer 3.5.16
Bilder (c) Staatsballett