Mailand: „La Cenerentola“

Aufführung am 27.3.19, (Premiere am 10.2.1973)

Die Wiederaufnahme dieser Inszenierung von Jean-Pierre Ponnelle aus 1973 ist der fünften Wiederkehr des Todestages von Claudio Abbado zu verdanken, der damals eine bis heute unerreichte Qualität im Dirigat der Buffoopern Rossinis erreichte. Abbado dirigierte die Vorstellungen von 1974, 1975 und 1982; 2001 und 2005 folgte ihm Bruno Campanella. In den Jahren wechselten sich in der Titelrolle große Namen wie Teresa Berganza, Lucia Valentini Terrani, Frederica von Stade, Ann Murray, Sonia Ganassi und Joyce DiDonato ab.

In deren Fußstapfen trat nun Marianne Crebassa, auch sie in den letzten Jahren eine zurecht gefeierte Künstlerin. Ihre Cenerentola strahlt eine faszinierende Schwermut aus, die in ihrer Ruhe auch die Vergebung gegenüber Stiefvater und -schwestern überzeugend macht. Ihr heller Mezzo lässt tadellose Koloraturen hören, ist aber in der Tiefe (und von denen hat Angelina einige zu bewältigen) begrenzt. Was aber wirklich fehlt, ist leider die Durchschlagskraft im finalen Rondo, dem die Künstlerin vokal einfach nicht genug Gewicht zu verleihen vermochte. Ich denke, dass sie bei höher liegenden Partien besser aufgehoben ist.

Überhaupt war die Wirkung der Produktion eher schaumgebremst, denn die Betreuung durch Grischa Asagaroff erzielte auf der einen Seite einen eher braven, „nachgestellten“ Eindruck, vor allem auch beim unter Bruno Casoni tadellos singenden Herrenchor, auf der anderen erlaubte er Carlos Chausson als Don Magnifico allzu viele Freiheiten, die am Rand der Schmiere standen, angefangen vom auf seine Töchter ausgeschütteten Nachttopf. Vokal erwies sich Chausson trotz trockener Stimme als immer noch akzeptabler Bassbuffo. Maxim Mironov gab einen stimmlich und im Auftreten noblen Don Ramiro, den ein schärferes Auge als jenes Angelinas niemals für einen Diener hätte halten können. Die Stimme des Russen ist etwas zu klein für den Saal der Scala, aber er bestach mit der stilistischen Eleganz eines echten tenore di grazia. In den dankbaren Rollen der Stiefschwestern profilierten sich Sara Rossini (Clorinda) und Anna-Doris Capitelli (Tisbe), beide aus der Accademia der Scala. Alessandro Spina hatte von Erwin Schrott den Alidoro übernommen und tat in seiner (ohnehin vereinfachten) Arie, die zu den schwierigsten des Bassfachs gehört, was er konnte und gefiel als eine Art deus ex machina.

Ein hinreißender Dandini war Mattia Olivieri, dem die Koloraturen ganz leicht von der Hand (bzw. von den Stimmbändern) gingen und der darstellerisch den Vogel abschoss, ohne je zu outrieren. Sehenswert allein sein Mienenspiel, nachdem er in seinen ursprünglichen Stand zurückbefördert worden war, wobei er sich aber nie in den Vordergrund spielte.

Dass Ponnelles Bühnenbild und Kostüme immer noch eine Freude sind, versteht sich von selbst, doch ließ Ottavio Dantone am Pult trotz rascher Tempi in Rossinis Crescendi einiges an Brillanz vermissen.

Herzlicher Beifall.

Eva Pleus 30.3.19

Bilder: Brescia & Amisano / Teatro alla Scala