Lübeck: Tops und Flops – „Bilanz der Saison 2023/24“

Auch in diesem Jahr haben wir unsere Kritiker wieder gebeten, eine persönliche Bilanz zur zurückliegenden Saison zu ziehen. Wieder gilt: Ein „Opernhaus des Jahres“ können wir nicht küren. Unsere Kritiker kommen zwar viel herum. Aber den Anspruch, einen repräsentativen Überblick über die Musiktheater im deutschsprachigen Raum zu haben, wird keine Einzelperson erheben können. Die meisten unserer Kritiker haben regionale Schwerpunkte, innerhalb derer sie sich oft sämtliche Produktionen eines Opernhauses ansehen. Daher sind sie in der Lage, eine seriöse, aber natürlich höchst subjektive Saisonbilanz für eine Region oder ein bestimmtes Haus zu ziehen.

Wir bleiben im Norden nach Flensburg und Kiel mit dem Theater Lübeck.


Beste Produktion (Gesamtleistung):
Richard Strauss‘ Elektra in der Inszenierung von Brigitte Fassbaender. Eine Produktion von Weltniveau in jeder Hinsicht!

Größte Enttäuschung:
Enttäuscht hat das Theater Lübeck auch in dieser Spielzeit nicht. Allerdings hatte Donizettis Regimentstochter unter der Regie von Pier Francesco Maestrini inszenatorische Schwächen.

Entdeckung des Jahres:
Griegs Peer Gynt unter dem Dirigat von Hendrik Vestmann. Jeder kennt die „Hits“, kaum jemand das ganze Stück. Großartig gesungen und gespielt!

Beste Wiederaufnahme:
Johann Strauß´ Fledermaus in der Inszenierung von Michael Wallner. Ein Hauptspaß auf hohem Niveau!

Beste Gesangsleistungn (Hauptrolle):
Trine Møller als eine Elektra, die einem das Blut in den Adern gefrieren läßt.

Beste Gesangsleistung (Nebenrolle):
Edna Prochnik als ungemein differenzierte und vielschichtige Klytämnestra in der Elektra.

Nachwuchssänger des Jahres:
Der Baß Changjun Lee in verschiedenen Rollen, die er allesamt mit Wärme und sattem Baßcharakter ausfüllte.

Bestes Dirigat:
Das unschlagbare Duo aus GMD Stefan Vladar und dem Ersten Kapellmeister Takahiro Nagasaki. Vladar besticht durch Wiener Leidenschaft und psychologischen Tiefgang, Nagasaki durch präzisen Schwung und Humor

Beste Regie:
Brigitte Fassbaenders Elektra-Regie. Davon können sich ganze Regisseur-Generationen dicke Scheiben abschneiden!

Bestes Bühnenbild:
La Bohème (Regie: Angela Denoke) mit dem Bühnenbild von Timo Dentler und Okarina Peter. Eine Mischung aus genialer Reduktion und Opulenz.

Beste Chorleistung:
Chor und Extrachor des Theaters Lübeck in Gounods Faust (Regie: Kasper Wilton) – wuchtiger, dabei präziser Chorklang in lebhaftester Choreographie.

Größtes Ärgernis:
Die geringe Auslastung nach den Premieren bei solch einem hochkarätigen Haus mit großartigen Produktionen. Leute, kommt nach Lübeck!


Die Bilanz zogen Regina und Andreas Ströbl.