Premiere am 17.2.17
Brot und Spiele für das Volk
Nach einer nicht so ganz glücklich inszenierten „Liebe zu den drei Orangen“ und der sicherlich ambitionierten aber ebenfalls recht schwierigen „AscheMOND oder The Fairy Queen“ soll in Wuppertal nun die „Rocky Horror Show" für ein volles Opernhaus sorgen. Und dies gelingt nicht nur zur Premiere prächtig, auch für alle weiteren Termine sind lediglich Restkarten auf telefonische Anfrage erhältlich. Garant für diesen Erfolg ist die bereits vor einigen Jahren in Saarbrücken hoch gelobte und überaus erfolgreiche Inszenierung des Musicals, die nun als Übernahme vom Saarländischen Staatstheater auch im bergischen Land zu sehen ist.
Eine erste kleine Enttäuschung erfährt der ein oder anderen Theaterbesucher allerding bereits vor der Show, ein separates Programmheft gibt es käuflich leider nicht einzeln zu erwerben. Sehr schade, wenn dieses als Sammelstück für besuchte Aufführungen immer gerne aufgehoben wird. Im (für durchaus faire 4 Euro) verkauften Fan-Package ist allerdings eine eigens gedruckte Zeitung enthalten, die das Programmheft ersetzt. Schade, dass man hier nicht ein paar Zeitungen mehr gedruckt hat, um diese auch einzeln anzubieten. Aber zurück zum Musical an sich, hier wird in Wuppertal wahrlich nicht gekleckert, sondern geklotzt. Das Bühnenbild von Stephan Prattes ist äußerst aufwändig, man möchte fast von spektakulär sprechen. Dass man hierbei die Handlung von einem Schloss in eine Kirche verlegt hat, okay. Auch wenn man sich nun vielleicht fragen mag, wie man einfach so ein aktuell betriebenes Gotteshaus „besetzten“ kann, immerhin sind genug Nonnen. Mönche und Messdiener aktiv ins Geschehen eingebunden. Vielleicht wäre eine leerstehende Kirchenruine nicht weniger spektakulär, dafür aber durchaus logischer gewesen? Nun gut, dann hätten sich natürlich auch einige Regieideen nicht umsetzen lassen, doch dazu später mehr. Außerdem will man ja nun auch nicht ausgerechnet bei der „Rocky Horror Show“ mit zu viel Logik daherkommen.
Lobenswert neben dem Bühnenbild ist zudem eine hervorragende Besetzung rund um Andreas Wolfram als Frank N´Furter, Dustin Smailes als Brad Majors und Johanna Spantzel als Janet Weiss. Bei diesen dreien passt alles zusammen. Gesanglich meist auf dem Punkt und nicht zu beanstanden auch Mark Bowman-Hester als Riff-Raff, Christian Schöne als Rocky, Anke Fiedler als Magenta, Mariyama Ebel als Columbia und Eddy Ebeling als Eddie.
Allerdings bleiben alle Rollen abseits von Frank N´Furter, Brad Majors und Janet Weiss doch recht blass, da Sebastian Welker bei seiner Inszenierung auf eine geschickte Personenregie leider gänzlich verzichtet und sich stattdessen lieber den vermeintlich „großen Bildern“ gewidmet hat. Im ersten Akt gelingt dies auch noch recht gut, wenn allerdings der zweite Akt hauptsächlich daraus besteht, möglichst viele sexuelle Anspielungen zu machen, bevorzugt gerne auch mit Priestern, Mönchen oder anderen Geistlichen, zur Abwechslung auch mal in Verbindung mit einem qualemden Weihrauchfass, dann sind wir beim oben erwähnten Punkt der Regieideen.
Wobei ausdrücklich erwähnt werden sollte, dass eben nicht jede Idee eine gute Idee ist. Leider besteht der zweite Akt so aus sehr viel Leerlauf und Langeweile. Das hat man oftmals schon deutlich besser gesehen, denn auch die Rolle des Eddie ist für Neulinge der „Rocky Horror Show“ in diese Inszenierung nur schwer zu verstehen. Auch Riff-Raff, Magenta, Columbia und Rocky bleiben leider im gesamten Stück viel zu blass. Simon Stricker als Erzähler hat hier ebenfalls mit dieser schwachen Personenregie zu kämpfen und taucht daher mal hier mal dort auf.
Zurück zu den positiven Aspekten, das United Rock Orchestra unter der musikalischen Leitung von Heribert Feckler spielt flott und schwungvoll, die Kostüme von Susanne Hubrich sind sehr aufwendig und ergänzen das wunderbare Bühnenbild perfekt. Zudem sind auch die getanzten Choreografien von Amy Share-Kissiov beachtlich, positiv hier zu erwähnen sicher auch mal Statisterie und Bewegungsensemble der Wuppertaler Bühnen.
Was bleibt von diesem Abend in bleibender Erinnerung? Sicherlich in erster Linie das Bühnenbild, von dem sich so manch eine Musical-Großproduktion noch eine Scheibe abschneiden könnte. Dazu gesangliche und tänzerisch gute Leistungen in einer leider blassen Gesamtregie. Dem Wuppertaler Premierenpublikum hat es dennoch gut gefallen so dass die Premiere mit langem Applaus und der üblichen Zugabe endete. Und so greift auch hier die alte Weisheit, gebt dem Zuschauer Brot und Spiele und es wird dankbar jubeln und hierbei vielleicht auch über die ein oder andere Unzulänglichkeit hinwegsehen.
Markus Lamers, 26.02.2017
Bilder (c) Oper Wuppertal