Mariss Jansons, der ehemalige und verehrte Chefdirigent des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks, präsentiert in dieser herausragenden Live-Aufnahme aus dem Jahr 2017 Mozarts monumentales Requiem in einer Interpretation, die sowohl emotional tiefgreifend als auch klanglich beeindruckend ist. Mozarts Requiem, geschrieben im Jahr 1791 während seiner letzten Lebensjahre, bleibt eines der bedeutendsten Werke der geistlichen Musik. Seine Komposition, die unvollendet blieb und von Franz Xaver Süßmayr vervollständigt wurde, trägt die emotionale Tiefe und spirituelle Größe des Genies Mozart. Die einzelnen Teile, angefangen beim dramatischen Introitus bis hin zum kraftvollen Abschluss im Communio, spiegeln die Dualität von Tod und Hoffnung wider. Die musikalische Gestaltung durch das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks ist von erwarteter Qualität: samtig, weich und üppig in der Tongestaltung. Was dieses Orchester jedoch von anderen unterscheidet, ist die bemerkenswerte Homogenität seines Klangs. Im Gegensatz zu historisch orientierten Ensembles gelingt es Jansons, eine reiche Klangpalette zu entfalten, ohne dabei auf die oft betont schlichte Art historischer Interpretationen zurückzugreifen. Jansons verleiht Mozarts Requiem eine einzigartige Intelligenz und Subtilität. Seine Interpretation zeichnet sich durch eine weitreichende Vision aus, die mit überraschenden Akzenten durchzogen ist. Der Dirigent setzt sich auch in Details wie dem vorsichtigen „Exaudi“-Abschnitt des Introitus oder den klaren Staccati in den Streicherwechseln des Benedictus intensiv mit der Partitur auseinander. Dieses Requiem wird durch die herausragende Leistung des Chors des Bayerischen Rundfunks zu einem wahren Erlebnis. Der Chor präsentiert sich mit Souveränität, Pracht, Biss und Klarheit – alle Elemente, die für ein Werk dieser Größe und Tiefe von entscheidender Bedeutung sind. Die Solisten – Genia Kühmeier (Sopran), Elisabeth Kulmann (Mezzosopran), Mark Padmore (Tenor) und Adam Plachetka (Bassbariton) – ergänzen die Aufführung mit ihren erstklassigen Stimmen. Genia Kühmeier verleiht Mozarts Requiem eine faszinierende Lebendigkeit. Mit samtigem Ton entführt sie die Zuhörer in die emotionalen Facetten der Musik. Ihre Stimme integriert sich geschickt in die Ensembles, fügt jedoch gleichzeitig eine besondere Strahlkraft und lyrische Intensität hinzu. Kühmeiers künstlerische Sensibilität zeigt sich besonders in den ruhigen Momenten, in denen sie subtile Nuancen ihrer Stimme einsetzt, um eine ergreifende Ausdruckskraft zu erzielen. Elisabeth Kulmann trägt mit ihrer einfühlsamen Interpretation maßgeblich zum Gesamterlebnis bei. Ihre Stimme bringt eine Palette empfindungsreicher Farben ein, die das Requiem mit zusätzlicher Tiefe durchzieht. Kulmann beherrscht die Kunst der musikalischen Ausdruckskraft und versteht es, die Nuancen der Texte klanglich zu unterstreichen. In den Ensembles schafft sie es, sich harmonisch einzufügen, während sie gleichzeitig eine beeindruckende Präsenz beibehält. Mark Padmore beeindruckt als Tenor mit einer Kombination aus Schönheit und Klarheit in seinen Solopassagen. Seine kraftvolle und dennoch nuancierte Interpretation verleiht den Partien einen besonderen Glanz. Padmore versteht es, emotionale Tiefe mit musikalischer Virtuosität zu vereinen. Besonders im Tuba mirum entfaltet er kernige Substanz, die den dramatischen Charakter dieses Teils intensiviert. Adam Plachetka, präsentiert sich in seinen großen Momenten mit klingender Überzeugung. Seine kraftvolle Stimme verleiht den Solopassagen eine robuste und dennoch ausdrucksstarke Qualität. Plachetka bringt eine markante Präsenz in die Aufführung und versteht es, die dramatischen Höhepunkte des Werks wissend zu gestalten. Seine Interpretation des Tuba mirum ist dabei besonders hervorzuheben, da er dieser Passage eine eindringliche Ernsthaftigkeit verleiht. Zusammen bilden diese vier herausragenden Solisten unter der Leitung von Mariss Jansons ein homogenes und klanglich beeindruckendes Ensemble, das Mozarts Requiem zu einem Hörgenuss macht. Ihre individuellen Stärken tragen dazu bei, die emotionale Bandbreite dieses Meisterwerks in all ihren Facetten zu präsentieren.
Diese Aufnahme ist ein wertvolles Zeugnis einer musikalischen Sternstunde und eine Bereicherung für Liebhaber von Mozarts Requiem, die sowohl nach tiefer emotionaler Resonanz als auch nach musikalischer Exzellenz suchen.
Dirk Schauß, 9. Februar 2024
Wolfgang Amadeus Mozart: Requiem KV 626
(Version von Franz Xaver Süßmayr)
Chor und Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks
Mariss Jansons, Dirigent
BR Klassik, 900117