Premiere am 22.4. 2018
Großer Erfolg auf kleiner Bühne
Am 31. März verließ er die Staatsoper Unter den Linden nach siebenjähriger Intendantenzeit, am 22. April (zu Proben aber wahrscheinlich bereits früher) kehrte er als Akteur, Regisseur und Bühnenbildner wieder zurück in Igor Strawinskys „Die Geschichte vom Soldaten“, spätnachmittäglich und im Apollo-Saal. Jürgen Flimm bleibt also dem Haus, das er durch die Wirrungen und Irrungen der Schillertheater-Zeit geführt hat, treu, und als Vorleser in dem „Bühnenstück zu lesen, zu spielen und zu tanzen“ bewährte sich sein aus Launigkeit, leichtem gespieltem oder echtem Vertrotteltsein und Umtriebigkeit bestehender Charme . Als Regisseur und Bühnenbildner konnte er zugleich dafür sorgen, dass sein Platz nicht, wie von den Schöpfern des Stücks vorgesehen, an der Seite war, sondern sein Vorlesersessel gab den Mittelpunkt zwischen Orchester und Bühne und sein Eingreifen in das Geschehen um die Faust wie Orpheus in russischem Kolorit miteinander verbindende Geschichte vom Pakt des geigenspielenden Soldaten mit dem Teufel und die Macht der untherapierbar Kranke heilenden Musik war jederzeit möglich, die gestreiften Pluderhosen konnten gegen Krone und Krönungsmantel eingetauscht werden, selbst ein angeklebter schwarzer Schnurrbart durfte nicht fehlen. Co-Regisseurin war dem ehemaligen Hausherrn (der jetzige saß im Publikum) Eva-Maria Weiss, für die Kostüme, die dem Teufel einen stattlichen geflochtenen Schwanz zugestanden, war Birgit Wen tsch verantwortlich, für die atmosphärereiche Lichtregie sorgte Irene Selka.
Sympathisch mutete es an, dass Jürgen Flimm noch vor dem eigentlichen Beginn die sieben Musiker der Staatskapelle vorstellte, die für die orchestrale Begleitung verantwortlich waren, und das vorab gespendete Lob verdienten sie sich redlich durch ein präzis-prägnantes, rhythmisch nuanciertes Spielen, insbesondere der Geiger Wolfram Brandl, der dem Soldaten die verführerischen Töne, die die Prinzessin wieder zum Leben erweckten, verlieh. Diese wurde von Laura Fernández charmant in wechselnden Kostümen gleichermaßen souverän in Tango, Walzer wie Ragtime verkörpert, nachdem sie bereits zuvor von der Regie dienend eingesetzt worden war. Gegenüber dem in dieser Inszenierung rollengerecht leicht vernuschelnden Vorleser waren die Darsteller von Soldat und Teufel eine Labsal auch durch ihre vorbildliche Sprechkultur, da vermerkte man dankbar die Herkunft vom Wiener Burgtheater oder der Berner Schauspielschule. Michael Rotschopf war ein naiv-schlitzohriger Muschik, der schließlich doch der Verlierer ist und, an den Rockschößen des Teufels klebend, von diesem aus dem Saal ab in die Hölle gezogen wird. Stefan Kurt wusste seinem Teufel die Aura des Zynischen und Jovialen gleichermaßen zu geben und trug das Seine zum beachtlichen Erfolg der nachmittäglichen Aufführung bei, die am 29. April und am 5. Mai wiederholt werden wird.
22.4.2018 Ingrid Wanja