Premiere: 21.5.2016
Besuchte Vorstellung: 3. Juni 2016
Auf die Idee aus einem Ingmar Bergmann-Film ein Musical zu machen, muss man erst mal kommen. Der US-amerikanische Komponist Stephen Sondheim hatte diese Idee. Auf der Grundlage des Films „Das Lächeln einer Sommernacht“ schrieb er sein Musical „A Little Night Music“. Das poetische und witzige Stück ist jetzt am Theater Bielefeld zu sehen, wo in jeder Spielzeit zwei Musical auf dem Programm stehen.
Zentrale Figur des Stückes ist der Rechtsanwalt Fredrik Egerman, der in zweiter Ehe mit Anne verheiratet ist, die aber selbst ein Jahr nach der Trauung noch Jungfrau ist. Egermanns Sohn Henrik aus erster Ehe, der Theologie studiert, ist unglücklich in seine Stiefmutter verliebt, vergnügt sich aber mit dem Hausmädchen Petra.
Vater Fredrik lässt währenddessen eine Affäre mit der berühmten Schauspielerin Desiree Armfeldt wieder aufleben, die wiederum eigentlich mit dem Grafen Carl-Magnus ins Bett geht, obwohl dieser mit Charlotte verheiratet ist. Soweit der Beziehungs-Reigen, der die Handlung mit vielen Eifersuchts- und Liebesszenen in Gang hält.
Regisseur Kay Link und Ausstatterin Cornelia Brey versuchen gar nicht erst den Bergman-Film zu kopieren, sondern übertragen das Stück geradewegs in die Gegenwart, ohne ansonsten die Geschichte irgendwie auf den Kopf zu stellen. Weitgehend funktioniert das, jedoch wirkt es antiquiert, dass der Rechtsanwalt ein Hausmädchen hat, und Graf Carl-Magnus ein Reserveoffizier ist.
Die Dialoge laufen flott und pfiffig ab, jedoch zündet nicht jede Pointe. Durch die großen Songs des Stückes, der berühmteste ist „Send In The Clowns“ rücken die Gefühle und die Beziehung der Figuren ins Zentrum, während der Fluss der Geschichte etwas aus dem Fokus gerät.
Insgesamt zehn Solisten stehen hier auf der Bühne, von denen nur einige hervorgehoben werden können: Etwas hyperaktiv, aber mit klarer frischer Stimme singt Johanna Spantzel die Anne, ihren jugendlichen Verehrer Henrik verkörpert Tom Schimon mit der notwendigen Spur Schwermut und schön gesungener Höhe. Dazu spielt er auch noch passabel Cello. Alexander Franzen gibt den Rechtsanwalt Fredrik mit kauziger Eleganz und dezenter Leidenschaft.
Eine starke Stimme präsentiert Navina Heyne als Zimmermädchen Petra. Den Grafen Carl Magnus gibt Tobias Licht als schneidigen Jet-Setter, wobei er die Macken seiner Figur ganz seriös ausspielt, wodurch der Charakter nur noch komischer wird. Dazu verfügt er über eine geschmeidige Stimme. Melanie Kreuter gestaltet die Schauspielerin Desiree als melancholische Diva.
Für den musikalischen Erfolg der Produktion sorgt natürlich wieder einmal Musical-Spezialist William Ward Murta, der am Pult der Bielefelder Philharmoniker die Musik schön im Fluss hält und Gesang und Orchester schön ausbalanciert. Nächste Saison wird Murta übrigens wieder ein eigenes Musical schreiben: „Das Molekül“ soll ein Gentechnik-Krimi werden.
Von Rudolf Hermes / 9.6.16
Bilder (c) Theater Bielefeld