Vorstellung vom 24. November 2017
Nach der sehenswerten Premiere von Offenbachs Meisterwerk, „HOFFMANNS ERZÄHLUNGEN“, war ich bei meinem zweiten Besuch gespannt, wie sich die Produktion (Regie: Le Lab, Frankreich) entwickelt hat. Dabei musste ich als Erstes feststellen, dass die eingefügten Texte erst beim zweiten Besuch voll zur Geltung kommen, verstanden werden.
Der musikalisch/optische Impact dieser Freiburger Produktion ist zu stark, um zusätzliche Informationen/Eindrücke voll aufzunehmen. Hoffmann wurde an diesem Abend von Rolf Romei gesungen. Romei sang und spielte, obschon stimmlich angeschlagen, einen Hoffmann der in seiner Unsicherheit, seiner Zerbrechlichkeit neue Wege der Interpretation dieser Figur aufzeigt. Romei war als Sänger am heutigen Abend sicher nicht in Topform. Gerade aber die Zerbrechlichkeit seine Stimme, zusammen mit seinem herausragenden schauspielerischen Können brachte einen Hoffmann auf die Bühne, der als Persönlichkeit voll überzeugte. Für mich wieder einmal ein Beweis, dass nur gutes Singen im modernen Musiktheaterbetrieb einfach nicht mehr reicht. Festhalten muss ich aber auch noch folgendes: Die Leistung Romeis wurde nur durch die relativ offene Regieführung von Le Lab und der dazu gehörenden Dramaturgie von Tatjana Beyer und Luc Bourousse möglich. Unterstützt wurde die Darstellung des Protagonisten Hoffmann durch die starke Persönlichkeit seines Gegenspielers, Stadtrat Lindorf, Coppelius, Miracle und Dapertutto gesungen und gespielt von Juan Orozco. Dazu kommt, dass Hoffmann im 1. Akt (Prolog) von Andreas, (Roberto Gionfriddo) erschossen wird, das ganze spielt in der sehr kurzen Zeit zwischen Leben und Sterben, als Flashback auf einen alternativen Lebensentwurf E.T.A. Hoffmanns, einen Wunschtraum!
Im zweiten Akt, Olympia, prachtvoll gesungen von Katharina Ruckgaber, spielt/singt Romei den adoleszenten Möchtegern-Liebhaber von Olympia, dies trotz den Hinweisen von Niklaus, (Inga Schäfer), dass es sich um eine Puppe handelt.
Im dritten Akt, Antonia, (Solen Mainguené), sahen wir einen reifen Hoffmann, welcher, durch Antonias lebensbedrohende Krankheit verunsichert, nicht mehr weiter weiss: Bürgerliches Leben oder Bühnenkar-riere unter Lebensgefahr für seine Geliebte. Antonia entscheidet sich im wunderbaren Terzett mit ihrer Mutter, Anja Jung und Miracle (Orocko). Mainguené singt Antonia mit einer Kraft und einer Sicherheit, welche ihresgleichen sucht.
Im Akt vier, Giulietta (Juanita Lascarro) erleben wir Romei als hedonistischen Lebemann, zynisch, jedoch immer noch unsicher. Erst die Herausforderung Giuliettas, ihre von Habsucht getriebene, gespielte Liebe zu Hoffmann weckt in ihm eine gewisse Sicherheit, welche durch den Mord an Schlehmil unverzüglich wieder zerstört wird. Im Epilog stirbt Hoffmann endgültig, nachdem er noch eine letzte Strophe von Kleinzack gesungen hat.
Das Publikum belohnte die Leistung des gesamten Teams auf und hinter der Bühne mit dem verdienten Applaus. Ob wohl die Darstellung Romeis als Hoffmann bei allen so angekommen ist wie bei mir? Ich weiss es nicht.
Bilder (c) Tanja Dorendorf / T & T Fotografie
Peter Heuberger 5.12.2017