Das erfolgreiche Team Peter Lund (Text) und Thomas Zaufke (Musik) brachte als dritte gemeinsame Arbeit am 21. Juni 2005 das witzige Musical in der Neuköllner Oper Berlin auf die Bühne, das auf Shakespeares „Die Lustigen Weiber aus Windsor“ basiert. In Hildesheim nahm sich Werner Bauer des den Alltag der „grünen“ Witwen ironisierenden Stoffes mit einer erfrischend munteren Neuinszenierung an. Er bewies seine Kunst der geschickten Personenführung, indem er die Protagonisten auf mehreren Spielebenen im Einheitsbühnenbild mit ausgeklügelter Lichtregie ohne Umbaupausen lebhaft agieren ließ. Dazu hatte ihm Bettina Köpp die entsprechenden Häuser der drei Freundinnen Flut, Reich und Schnell mit einfachsten Mitteln angedeutet und die Akteure mit passenden Frisuren und farbenfroher Kleidung der 60er Jahre versehen. Dazu steuerte Annika Dickel mitreißende Choreographien bei.
Alexander Prosek
Mit einem gelungenen Anfang steht und fällt der Erfolg einer Musical-Inszenierung: Hier zündete der schwungvolle Ensemble-Auftritt mit dem Lied über das „Land, wo keiner weint, wo Tag und Nacht die Sonne scheint“ sofort und riss die Zuschauer zu spontanem Applaus hin. Mit dem eigenen Musical-Team des TfN (Theater für Niedersachsen) standen Bauer hervorragende Spezialisten zur Verfügung: Der vorgebliche Frieden der Vorstadtsiedlung wurde durch den prollig-schmierigen Erwin Kannes gestört: Als Falstaff-Figur wunderbar eingesetzt entsprach Alexander Prosek dem unappetitlichen „Frauenversteher“ Erwin Kannes ideal, der trotz allem eine gewisse Ausstrahlung hat, die ihm die Frauen in die Arme treibt: Er kann nämlich tanzen! Die von Erwin umworbenen Damen, nachdem er schon die halbe Vorortsiedlung beglückt hatte, waren Marysol Ximénez-Carrillo als Frau Flut (glückliche Mutter von Zwillingen) und Franziska Becker als Frau Reich, die jeweils einen obzönen Brief von ihm erhalten haben („Ich weiß, was Du brauchst“), während die Dritte im Bunde, Elisabeth Köstner als Kimberley Schnell, ohne Brief auch empört war, so dass sie einen Racheplan schmiedeten, den Melanie Flut ausführen sollte. Beim ersten Treffen verunsicherte Erwin sie jedoch schon bald durch seinen Auftritt mit „Tanzen Sie einen Tango mit mir“; das Unternehmen „Rache“ scheiterte aber schnell an der Rückkehr ihres Mannes, dessen Eifersucht durch das komische Gebaren der Frauen angefacht wurde; nebenbei wurde Erwin statt im Wäschekorb in die Themse in einem Wäschesack zur Reinigung geschafft. Auch Kimberley Schnell als liebeshungrige Anwältin erliegt dem tanzenden Erwin („Tanzen Sie einen Walzer mit mir“), als sie den zweiten Anlauf zur Rache der Frauen einfädelte, der ebenfalls missglückte; diesmal entkam Erwin als muslimische Putzfrau mit Kopftuch vermummt, ein Ereignis für sich, das aber in der heutigen Zeit etwas zwiespältige Gefühle aufkommen lässt. Jens Krause überzeugte als wütender Flut ebenso, wie als überforderter Familienvater, der sich schließlich noch von der angeblich „besten“ Freundin seiner Frau verführen lässt.
Franziska Becker/Marysol Ximénez-Carillo/Elisabeth Köstner
Das junge Paar, dass sich erst allmählich findet, spielten Kara Kemeny als anfangs sehr zurückhaltende Anna Reich und Tim Müller als verschlossener Karl-Heinz Bürger, der noch nicht weiß, wie er mit Mädchen umgehen soll („Und plötzlich verschwinden die Sterne“). Ein weiteres junges Paar, das auch erst auf Umwegen zusammenkommt, waren die stimmstarke Valentina Inzko Fink als blondes Dummchen Sandy Deutschmann und Jürgen Brehm als sie schon lange liebender Einfaltspinsel Oliver Konnopke („Zweite Wahl“).
Das Stück gipfelt, nachdem bei nahezu allen Akteuren einige Briefe für ein Treffen mit dem oder der jeweils Liebsten in Erwins Party-Keller eingetroffen waren, im Aufeinandertreffen aller im dezenten Halbdunkel eines Swinger-Clubs und endet mit einem gemeinsamen, in barocker Manier vorgetragenen Lob auf die körperliche Liebe.
Entscheidenden Anteil am erfolgreichen Abend hatte Andreas Unsicker,
der vom Keyboard der versierten 6-Mann-Kapelle aus die Sänger und Musiker sicher durch die schmissigen und romantischen Melodien führte.
Das Premierenpublikum sparte nicht an Applaus für das gesamte Ensemble und das Regieteam des überaus unterhaltsamen Abends und feierte alle Beteiligten lange mit standing ovations. Es lohnte sich einmal mehr, nach Hildesheim zu fahren.
Fotos: © Benjamin Westhoff
Marion Eckels 26.03.2018
Weitere Vorstellungen:
11.04./14.04./21.05./9.06./14.06.2018 und an anderen Orten