Ottorino Respighis „Römische Trilogie“ ist zweifellos ein Höhepunkt in der Geschichte der sinfonischen Dichtung des 20. Jahrhunderts. Die Trilogie, bestehend aus den Werken „Fontane di Roma“, „Feste Romane“ und „Pini di Roma“ fängt die Essenz von Respighis Liebe zur Stadt Rom in musikalischer Form ein. Diese Aufnahme, dirigiert von Robert Trevino und interpretiert vom Orchestra Sinfonica Nazionale della RAI, präsentiert diese Meisterwerke in all ihrer Pracht und Farbigkeit. Der Zuhörer führt sich unmittelbar nach Rom befördert, derart bildstark wird diese herrliche Musik vorgetragen.
Die Trilogie beginnt mit „Fontane di Roma“, einem Werk, das die prachtvollen Brunnen und Wasserspiele der Stadt in Tönen einfängt. Respighi hat in diesem Werk vier römische Brunnen musikalisch dargestellt, die zu verschiedenen Tageszeiten erklingen: „La fontana di Valle Giulia all’alba“ (Der Brunnen von Valle Giulia im Morgengrauen), „La fontana del Tritone al mattino“ (Der Triton-Brunnen am Morgen), „La fontana di Trevi al meriggio“ (Der Trevi-Brunnen am Mittag) und „La fontana di Villa Medici al tramonto“ (Der Brunnen von Villa Medici im Sonnenuntergang). Respighi war von der französischen Impressionistenbewegung beeinflusst, insbesondere von Komponisten wie Claude Debussy und Maurice Ravel. Dies spiegelt sich in der texturreichen und farbenfrohen Orchestration der „Fontane di Roma“ wider, die die Atmosphäre der Brunnen und die Veränderungen im Tageslicht einfängt. Die Kaskaden von Tonfolgen und die sprühenden Orchesterfarben spiegeln die visuelle Pracht der römischen Brunnen wider. Dieses Werk zeigt auch Respighis Hang zum Impressionismus, der in seiner Verwendung von harmonischen Farben und impressionistischen Klangmalereien deutlich wird. Unter der Leitung von Robert Trevino erweckt das Orchester diese musikalische Landschaft zum Leben, wobei die fließenden Melodien und die geschickte Verwendung von Orchesterfarben hervorstechen. Die musikalische Entwicklung von Respighi von einem romantischen Stil zu einer klanglichen Innovation wird in diesem Werk besonders deutlich. Die Wasserfontänen schillern und funkeln in buntesten Farbreflexen. Sehr fein ausdifferenziert kommen Schlagzeug und Orgel zu eindrücklicher Wirkung.
„Feste Romane“ ist ein dreisätziges Orchesterstück, das verschiedene römische Volksfeste, besser: Massenspektakel musikalisch darstellt. Die Sätze tragen die folgenden Titel: „Circenses“ (Zirkusspiele), „Il giubileo“ (Das Jubeljahr) und „L’ottobrata“ (Das Oktoberfest). Jeder Satz fängt die Atmosphäre eines bestimmten römischen „Festes“ ein. Respighi verwendet ein großes Orchester, um die reiche Klangpalette und die Pracht der römischen Feste zu repräsentieren. Wie in seinen anderen Werken zeigt Respighi in „Feste Romane“ eine meisterhafte Orchestrationstechnik. Er nutzt das gesamte Orchester, um komplexe Klanglandschaften zu schaffen und die Festlichkeit der römischen Feiern in Klang umzusetzen. Er setzt in diesem Werk eine breite Palette von Rhythmen ein, um die Bewegung und das Tempo der Ausschweifungen darzustellen. Dies zeigt sich besonders in „Circenses“, wo die Musik die aufgepeitschte Atmosphäre des antiken Circus maximus einfängt, in dem christliche Märtyrer wilden Tieren vorgeworfen werden. Dies beinhaltet den Einsatz von Glocken, Fanfaren und anderen speziellen Klangeffekten. Robert Trevino agiert mit festem Zugriff in der expressiven Gestaltung, indem er das Orchester zu mitreißenden Höhepunkten führt. Die dynamische Bandbreite dieser Musik, von zarten Passagen bis zu gewaltigen Fortissimos, wird präzise umgesetzt.
Der vielleicht bekannteste Teil der Trilogie, „Pini di Roma“, ist eine Huldigung an die majestätischen Zirbelkiefern, die in Rom allgegenwärtig sind. Hier verschmelzen die musikalischen Elemente mit der Natur, wobei die Melodien der Flöten und Oboen die sanfte Brise in den Baumkronen nachahmen. In diesem Fall dreht sich die Musik um vier verschiedene Szenen, die in römischen Pinienhainen spielen. Die Sätze tragen die folgenden Titel: „I pini di Villa Borghese“ (Die Pinien von Villa Borghese), „Pini presso una catacomba“ (Pinien in der Nähe eine Katakombe), „I pini del Gianicolo“ (Die Pinien des Gianicolo) und „I pini della Via Appia“ (Die Pinien der Via Appia). Jeder Satz hat seine eigene musikalische Charakteristik, die die Landschaft und die Stimmung widerspiegelt. Zum Beispiel werden in „I pini della Via Appia“ spezielle Hornsignale verwendet, um die Vorstellung einer antiken römischen Armee auf der Via Appia zu vermitteln. Respighis innovative Orchesterbehandlung erzeugt ein fast bildhaftes Klangerlebnis, bei dem die Zuhörer förmlich in die römische Landschaft eintauchen und sich zudem an den authentischen Klängen einer Nachtigall erfreuen können. Die subtile Lyrik dieses Stücks wird von Trevino und dem Orchestra Sinfonica Nazionale della RAI meisterhaft interpretiert. Die Streicher erzeugen eine unglaubliche Atmosphäre, während die Bläser die markanten Klangbilder dieser Komposition zum Leben erwecken. Der beschließende Marsch durch die Via Appia ist der gewaltige Finalpunkt dieser überaus gelungenen Einspielung.
Dirigent Robert Trevino beweist mit dieser Aufnahme sein tiefes Verständnis für Respighis Musik. Seine Interpretation ist gleichzeitig leidenschaftlich und präzise, und er führt das Orchestra Sinfonica Nazionale della RAI zu einer packenden Darbietung. Dieses Orchester zeigt technische Finesse und hörbare Spielfreude.
Die Aufnahmetechnik von Ondine ist erstklassig und ermöglicht es dem Hörer, jede Nuance und Klangfarbe dieser Musik in ihrer vollen Pracht zu erleben.
Dirk Schauß, im September 2023
Ottorino Respighi: Römische Trilogie
Orchestra Nationale Sinfonica della RAI
Robert Revino, Leitung
Ondine, ODE1425-2