Premiere: 03.03.2017, besuchte Vorstellung: 07.03.2017
Große Oper für Kleine Menschen
Unter der Dachmarke „Junge Opern Rhein-Ruhr“ hat die Kooperation der Deutschen Oper am Rhein mit den Theatern in Bonn und Dortmund in den letzten Jahren bereits drei wunderbare neue Familienopern auf die Bühne gebracht, im Mai 2017 folgt mit „Gullivers Reise“ im Theater Dortmund die vierte Uraufführung eines brandneuen Opernwerkes für die ganze Familie. Besonders erwähnenswert ist dies deshalb, da in allen Produktionen eindrucksvoll gezeigt wurde, dass die Theater gewillt sind, hierbei auf die ganz große Bühne zu setzen. Viele der heute begeisterten Operngänger hatten Ihren ersten Opernkontakt mit Humperdincks „Hänsel und Gretel“, auch heute noch ein beliebter Klassiker vor allem in der Weihnachtszeit. Aber es gibt eben noch so viel mehr. Kinder und Familien sind heute wichtiger denn je für den Erhalt der breiten Theaterlandschaft, sind sie doch die Zuschauer von morgen.
In dieser Spielzeit setzt die Deutsche Oper am Rhein in ihrem Duisburger Haus daher auf einen Klassiker im Bereich der Familienoper und dies nicht minder hochwertig produziert, ganz im Gegenteil. „Wo die wilden Kerle wohnen“ von Oliver Knussen wurde bereits 1980 in Brüssel uraufgeführt und kam in überarbeiteter Form 1984 in London auf die Bühne. Die expressive Musik zieht sich stimmig durch die rund 45minütige Oper. Gesungen werden die vergleichsweise wenigen Sätze in deutscher Sprache, ergänzt um eine Phantasiesprache, die der Komponist zusammen mit dem Autor des Kinderbuches Maurice Sendak, der zudem das Libretto für die Oper selbst verfasste, eigens für ihre Oper erfunden haben. Und vieler Worte bedarf es auch gar nicht, die Musik entwickelt zusammen mit dem Geschehen auf der Bühne eine ganz eigene Dynamik.
Großen Anteil hieran hat auch Philipp Westerbarkei der in seiner Inszenierung die kindgerechte Geschichte stimmig und äußerst temperamentvoll auf die Bühne bringt. Für die Kinder (und erwachsenen Begleitpersonen) ist hier stets etwas Neues zu entdecken. Für die aufwendige Bühne, oben Kinderzimmer und unten das Esszimmer des strengen Elternhauses, sowie für die phantasievollen Tierkostüme zeichnet sich Tatjana Ivschina verantwortlich. Besonderes Lob an dieser Stelle auch an die komplette Maskenbildnerei des Hauses.
Die Duisburger Philharmoniker spielen die Partitur schwungvoll unter der musikalischen Leitung von Jesse Wong, was auch die kleinen Besucher mit großem, fast kennerhaften Beifall für das Orchester am Ende belohnen. Den größten Gesangspart hatte an diesem Vormittag Lavina Dames als Max, was sie eindrucksvoll meisterte, denn neben dem Gesang war sie ständig in Bewegung, musste toben, schreien, herumspringen und alles andere was so ein kleiner Kerl eben macht, wenn er nicht ins Bett will und bockig gegen die Eltern rebelliert. So entwickelt sich auch die Geschichte, denn in seiner Wut über die Erwachsenen träumt sich Max nachdem er ohne Abendessen ins Bett geschickt wird in eine Welt, in der sich diese „blöden Erwachsenen“ in allerlei „wilde Kerle“ verwandeln, von der Fledermaus über Salamander und Hahn bis zur Ziege und zum großen Bullen. Doch Max muss erfahren, dass es die „wilden Kerle“ gerne mal übertreiben. Am Ende darf natürlich die große Versöhnung mit den Eltern nicht fehlen und so hat Max aus diesem Abend viel gelernt und diese Erfahrung wird kindgerecht ans junge Publikum weitergegeben.
Neben einigen weiteren Schul- und Kindergartenvorstellungen sind auch drei Familienvorstellungen am Sonntagnachmittag angesetzt, hingehen lohnt sich.
Markus Lamers, 08.03.2017
Fotos: © Hans Jörg Michel