Preisverleihung am 21. Februar 2022
Eigentlich hätte die diesjährige Verleihung des Götz-Friedrich-Preises in Friedrichs Zehlendorfer Villa stattfinden sollen, und die Hausherrin Karan Armstrong, seine Witwe, wäre sicherlich eine glänzende Gastgeberin gewesen. Nun ist die Diva der Moderne bereits im vergangenen September in Marbella verstorben und ruht auf dem Zahlendorder Waldfriedhof neben ihrem Gatten. Zwar zum vorgesehenen Termin, aber im Rangfoyer der Deutschen Oper, beider Ehegatten Wirkungsstätte, fand nun die Preisverleihung statt. Seit die Null-Zins-Politik der Europäischen Zentralbank es unmöglich gemacht hat, die Prämien aus den Erträgen des Stammkapitals der Götz-Friedrich-Stiftung zu finanzieren, ist die Opernkonferenz als Spender eingesprungen. Zu den Preisträgern gehörten unter anderen Sebastian Baumgarten, Stefan Herheim und Benedikt von Peter, die teilweise ausgerechnet Götz-Friedrich-Inszenierungen an der Deutschen Oper abgelöst haben, so mit dem Ring oder Aida, ob zur Freude des Publikums, sei dahin gestellt.
Neben dem Hauptpreis gibt es einen des Opernhauses Zürich, dessen Intendant Andreas Homoki gerade in Berlin an der Komischen Oper inszeniert, und eine „lobende Erwähnung“ für ein durch Corona-Beschränkungen ausgelöste neuartige Präsentation eines Musikstücks.
Franziska Angerer hat am Staatstheater Darmstadt als filmisches Musiktheater Christian Josts Aneignung von Heine/Schumanns Dichterliebe inszeniert, und wie die Werke der beiden anderen Preisträger wurde auch dieses in einem kurzen Filmausschnitt gezeigt, dessen Witz wohl darin besteht, dass eine mittelalterliche Dame zu „Ich hab‘ im Traum geweinet“ eine tiefe Grube gräbt, in die sie schließlich ein kleines Bäumchen pflanzt . Dazu erklingt eine sehr basslastige, hämmernde Begleitung. Die junge Regisseurin wurde wie ihre beiden Kollegen vom Moderator Martin G. Berger auf launige Art ins Gespräch gezogen und konnte sich bei allen Förderern bedanken. Den Zürcher Preis nahm Maximilian Berling für seine Arbeit an Menottis Das Medium am Theater am Gärtnerplatz in München entgegen, „frei darin, mit den Formen zu spielen“ und „erfrischend unprätentiös“. Sein Anliegen: Uraufführungen anstelle des abgespielten Repertoires. Anna Katharina Bernreitner empfing den Hauptpreis von 7500 Euro für ihre Regie von Rihms Oper Proserpina mit dem Text Goethes, aufgeführt an der Neuen Oper Wien. Sängerin Rebecca Nelson wurde zu einer beängstigenden Fülle von Mimikvariationen angehalten, bewegte sich zwischen Küchenmöbeln und Seerosenteich, um schließlich die einzige Frucht an einem Granatapfelbaum zu pflücken. Ungewöhnlich war die Ansiedlung der Szene im Orchestergraben, belobigt wurden „Sensibilität“ und „Genauigkeit“ der Regie.
Vor dieser Preisverleihung wurde Karan Armstrongs gedacht, von André Schmitz aus der damaligen Kulturverwaltung, Sängerin und Armstrong-Schülerin Andion Fernandez und Kollege Clemens Bieber die große Bannbreite ihres Repertoires, ihre Fähigkeit zum Ausgleichen, ihre Hilfsbereitschaft gegenüber Kollegen und ihre Menschlichkeit gerühmt. Ihre große Künstlerschaft stellte noch einmal ein zum Glück recht umfangreicher Ausschnitt aus Die tote Stadt mit Partner James King unter Beweis. Martin G. Berger musste mehrfach von „altmodisch“ angesichts der Szene murmeln, auf der Hauptbühne triumphierte jedoch die Szene des zweiten Akts von La Bohéme in der Regie von Götz Friedrich, und wer einen Blick durch die halb geöffnete Tür riskierte, konnte sich darüber freuen, dass es noch eine ganze Reihe „altmodischer“ Inszenierungen im Repertoire gibt, die den Opernbesucher zufrieden stellen, der im Opernhaus Beglückung durch die Schönheit der Musik und die Kunst begnadeter Sänger sucht.
21. Februar 2022 / Ingrid Wanja
Foto: Wanja