Deutsche Oper Berlin: Tops und Flops – „Bilanz der Saison 2024/25“

Auch in diesem Jahr haben wir unsere Kritiker wieder gebeten, eine persönliche Bilanz zur zurückliegenden Saison zu ziehen. Wieder gilt: Ein „Opernhaus des Jahres“ können wir nicht küren. Unsere Kritiker kommen zwar viel herum. Aber den Anspruch, einen repräsentativen Überblick über die Musiktheater im deutschsprachigen Raum zu haben, wird keine Einzelperson erheben können. Die meisten unserer Kritiker haben regionale Schwerpunkte, innerhalb derer sie sich oft sämtliche Produktionen eines Opernhauses ansehen. Daher sind sie in der Lage, eine seriöse, aber natürlich höchst subjektive Saisonbilanz für eine Region oder ein bestimmtes Haus zu ziehen.

Nach dem Theater für Niedersachsen Hildesheim blicken wir heute auf die Deutsche Oper Berlin.


Unrecht tut man der Deutschen Oper, wenn man ihre jeweilige Spielzeit lediglich nach den Premieren beurteilt, denn neben der großen Bühne gibt es für Experimentelles noch die Tischlerei mit vielen Uraufführungen, gibt es Konzerte wie das vor der Premiere von Respighis La Fiamma in der Philharmonie und nicht zuletzt die Aidsgala im Herbst und zum Schluss die konzertante Oper, in dieser Saison Werther.

Die eigentliche Stärke des Hauses aber liegt in seinem umfangreichen Repertoire mit einer Tosca von 1969 oder einer Lucia di Lammermoor aus den Achtzigern, einem Andrea Chénier, leider nicht mehr der Gioconda auf der der Uraufführung nachempfundenen Bühne und mit immer wieder vorzüglichen Sängern. Aber auch die Hausgötter Verdi, Strauss und Wagner sind abgesehen von Strauss so gut wie vollständig vertreten, so dass man sich jeweils für einen Monat ausschließlich mit Werken des einen oder anderen schmücken konnte. Breit ist dabei die Skala von annehmbar bis ungenießbar, für Wagner von Tannhäuser bis Meistersinger, von Verdi von Traviata oder Nabucco, Don Carlo und Vepres siciliennes bis Rigoletto, von Strauss von Intermezzo und Elektra bis Salome und Frau ohne Schatten als abschreckendem Beispiel reichend. Es gibt also noch Aufführungen in Hülle und Fülle, die dem Besucher, der extreme Ummodelung nicht schätzt, Freude bereiten können. Leider kam in der vergangenen Saison nichts dazu, denn die beiden „großen“ Opern, Macbeth und Frau ohne Schatten litten unter anderem an zu ausgedehnten gynäkologischen Eingriffen und Unglücksfällen, die, das ist allerdings eine Vermutung, zur Absage der vorgesehenen Lady führten, die dann anderswo munter sang. Mutig und die Fähigkeiten des Hauses aufs Schönste demonstrierend war die Uraufführung von Lash – Acts of Love, aber Tränen in die Augen oder Bewegung in die Lachmuskeln treibt so ein Stück natürlich nicht. Nun ja, die Zeiten, in denen man Nächte im Käfer auf dem Mittelstreifen der Bismarckstraße verbrachte, um sich vor einer Premiere durch Erscheinen zum stündlichen Appell eine Karte zu sichern, sind vorbei.      

Beste Produktion:
Saunders: Lash – Acts of Love

Enttäuschendste Produktion:
Die Frau ohne Schatten

Beste Sängerinnen:
Doris Soffel als Agnese in La Fiamma und Marina Prudenskaya als Amme

Beste Sänger:
Marco Mimica als Banquo und Jordan Shanahan als Färber

Beste Bühne:
Nina Wetzel für Lash-Acts of Love

Bestes Dirigat:
Carlo Rizzi für La Fiamma


Die Bilanz zog Ingrid Wanja.