Cortile Palazzo Farnese, 4.7.2020
mit Francesco Meli und Luca Salsi
Nach der lang anhaltenden Schockstarre wegen Covid-12 beginnen auch in Italien langsam wieder Vorstellungen in kleinerem Rahmen. Am Anfang stand Piacenza, dessen Teatro Municipale im Hof des riesigen (und sehenswerten) Palazzo Farnese ein Konzert mit dem Titel „E quindi uscimmo a riveder le stelle“ ausrichtete. Es handelt sich um den letzten Vers des Inferno aus Dantes „Göttlicher Komödie“ (Und wir gingen hinaus, um die Sterne wiederzusehen) und symbolisierte sehr schön die Hoffnung, dass das Inferno dieser Krankheit enden möge. Die Veranstaltung konnten immerhin rund 300 Zuhörer genießen. Nur jeder dritte Sitzplatz durfte besetzt werden, aber wer seinen Platz eingenommen hatte, durfte die Maske ablegen. Soweit die prosaischen Voraussetzungen des Unternehmens, das auch in Operastreaming gesendet wurde.
Nach den einleitenden Worten der Bürgermeisterin griff Pianist Davide Cavalli in die Tasten und spielte zur Beleuchtung in den Farben der Trikolore die italienische Nationalhymne. Die Bögen der Mauer, vor welcher das Podium aufgebaut war, eigneten sich vorzüglich für die je nach der Stimmung des vorgetragenen Stücks wechselnde Beleuchtung in Rot, Violett oder Blau. Mit „Io l’ho perduta“, dem Freundschaftsduett und Posas Tod war der Beginn „Don Carlo“ gewidmet. Meli schien mir etwas vorsichtig zu beginnen, steigerte sich aber bald, Salsi war von Anfang an mit vielen Farben und Ausdruck präsent.
Cavalli spielte dann Skrjabins Studio op. 2 Nr. 1 Andante (das Programm wurde übrigens auf eine Mauer projiziert, denn es gab nichts Gedrucktes, weil man offenbar fürchtete, die Menschen könnten sich beim Abholen der Unterlagen zu sehr zusammendrängen).
Meli interpretierte dann hinreißend „Ma se m’è forza perderti“ aus dem „Maskenball“. Man konnte mit Riccardo und seinem Verzicht mitleiden und raffinierte Piani genießen (als eines für mehrere sei vor „senza un addio“ erwähnt). Dann folgte mit dem Duett „Invano Alvaro“ aus der „Macht des Schicksals“ ganz großes Theater, auch ohne Kostüme und Bühnenbild. Salsi als unerbittlicher Rächer, Meli als Frieden suchender Mönch gaben alles an Ausdruck und Leidenschaft.
Cavalli am Klavier war ihnen ein ausgezeichneter Partner und zeigte seine Qualität auch bei Liszts Funérailles aus den Harmonies Poètiques et Religieuses.
Danach interpretierte Salsi Jagos „Credo“ mit solcher Bosheit und Süffisanz, dass einem das Fürchten kommen konnte. (Da der Bischof der Stadt in der ersten Reihe saß, entschuldigte er sich bei diesem für den „bösen“ Text – er sei nicht von ihm, sondern von Boito…). Dann mit „Sì, pel ciel“, das den 2. Akt beschließende Duett Otello-Jago, näherte sich Meli seinem Traum, den Mohren zu verkörpern, während Salsi den Schurken stimmkräftig und souverän interpretierte.
Damit war das offizielle Programm zu Ende, aber die beiden setzten nach dem „Otello“ insofern eins drauf, als sie nach diesem dramatischen Ritt zehn Jahre ihrer Karriere zurückschraubten und „All’idea di quel metallo“ aus Rossinis „Barbier“ sangen und sich dabei mindestens so köstlich unterhielten wie das Publikum. Mit Figaros Auftrittsarie (Salsi) und der „Furtiva lagrima“ aus dem „Liebestrank“ (Meli) endete dieses bejubelte Programm, das Ende einer allzu langen Durststrecke und (hoffentlich) der Beginn neuer Opernfreuden.
Eva Pleus 11.7.20
Bild: Mirella Verile