
Seit dieser Saison 2025/26 ist der gebürtige Brite Robin Davis der neue Generalmusikdirektor der Bühnen und des Orchesters Bielefeld. Seinen Einstand gab er am 12. Oktober 2025 mit der von Publikum und Presse begeistert aufgenommen Premiere der Oper Peter Grimes von Benjamin Britten. Ein das Publikum packendes Werk, dass leider immer noch zu selten auf deutschen Bühnen zu erleben ist. GMD Davis und dem gesamten Ensemble des Theater Bielefeld gelang mit dieser Neuinszenierung ein fulminanter Erfolg, an dem der neue Bielefelder Generalmusikdirektor maßgeblichen Einfluss hatte. Ein Einstand nach Maß für den jungen Chefdirigenten und ein unbedingter Grund mehr Robin Davis den Leserinnen und Lesern in einem Portrait näherzubringen.
Robin Davis, im englischen Exeter geboren, schloss zunächst ein Mathematikstudium an der Universität von Cambridge ab, bevor er sich der Musik zuwandte. In London studierte er nach seinem Abschluss als Mathematiker Klavierbegleitung an der Royal Academy of Music. Am Theater Dortmund erfolgte dann im Jahre 2009 sein erstes Engagement als Solorepetitor und gleichzeitig debütierte er auch Solist mit den Dortmunder Philharmonikern unter anderem mit Mozarts Klavierkonzert KV488 im Dortmunder Konzerthaus. In dieser Zeit reifte in ihm der Wunsch, Dirigent zu werden und er begann sein Studium bei Prof. Ekhart Wycik. Ab 2011 war er dann am Oldenburgischen Staatstheater als Kapellmeister und Assistent des damaligen GMD engagiert. Im Anschluss an seine Oldenburger Zeit war er dann für 2 Jahre als 1. Kapellmeister am Theater Lüneburg tätig. 2017 dann der Wechsel an das Landestheater Salzburg, ebenfalls als 1. Kapellmeister. 2020 erfolgte dann seine Berufung zum GMD an das Theater Pforzheim, wo er bis 2025, also bis zu seinem Wechsel nach Bielefeld, künstlerisch tätig war.
Start mit Peter Grimes in Bielefeld
Auf die Frage, ob es sein eigener Wunsch war, mit einer Oper seines Landsmannes Britten in Bielefeld zu starten, antwortete er mir: „Ich habe Peter Grimes hier in Bielefeld überhaupt zum ersten Mal dirigiert. Und der Vorschlag, mit dieser Oper in Bielefeld zu debütieren, kam nicht von mir. Viel mehr kam die Idee aus dem Team des Theaters. Aber ich habe mich darüber sehr gefreut.“ Brittens Oper stellt hohe Ansprüche an alle Beteiligten, Sänger ebenso wie das Orchester und auch an den Dirigenten. Viele Einsätze sind zu beachten und das Timing ist extrem wichtig. Ist es da von Vorteil, wenn ein Dirigent dann noch über einen Universitätsabschluss für Mathematik verfügt? „Vielleicht ist es ein gewisser Vorteil, dass ich Mathematik studiert habe. Ich bereite mich analytisch auf meine künstlerischen Aufgaben vor, aber ich dirigiere mit viel Emotionalität. „, antwortet Davis auf meine Frage. Und das kann jeder bestätigen, der Robin Davis live als Dirigent erlebt hat.
Peter Grimes war Davis erste Opernproduktion die er als Bielefelder GMD leitete. In dieser Saison folgen dann noch Le Grand Macabre von Ligety im März 2026 und Il trovatore/Der Troubadour von Verdi im Juni 2026. Und besonders auf die letztere Premiere freut sich Robin Davis sehr. „Es ist ein absoluter Wunsch von mir. Ich liebe Verdi und seine Musik. Seine kompositorischen Kontraste und ganz besonders Verdis Sopranpartien, die so ausdrucksstark und emotional sind. Und von allem ist so vieles in „Il trovatore“ zu finden „. Überhaupt ist das Thema „Oper“ in unserem Gespräch ein zentrales. Davis liebt die Oper und es ist eine Freude mit ihm über dieses Genre zu sprechen. Und natürlich war auch Richard Wagner ein Thema. Denn neben seiner Liebe zur italienischen Oper ist es auch die Musik von Wagner, die für ihn einen sehr hohen Stellenwert besitzt. Seine Pläne für diese laufende Saison umfassen neben den bereits erwähnten Opern auch die neun Sinfoniekonzerte mit den Bielefelder Philharmoniker, die auch in dieser Spielzeit stattfinden und deren Termine und Programme hier nachzulesen sind.
Der Mensch, der Generalmusikdirektor und der Neu-Bielefelder
Die zwölfköpfige Findungskommission der Stadt Bielefeld, die sich aus über 100 Bewerbungen für das Amt des neuen Generalmusikdirektors am Ende für Robin Davis entschied, hat mit dieser Personalentscheidung eine glückliche Hand bewiesen. Ein Dirigent der jüngeren Generation, der offen und mit viel Begeisterung sein neues Amt angeht. Dies ist auch in unserem Gespräch sehr deutlich spürbar: „GMD sind zwei Jobs in einem. Zum einen ist man der Chef eines Orchesters, aber gleichzeitig auch immer Teil einer großen künstlerischen Familie, und zum anderen ist es ein großes Privileg als Generalmusikdirektor große Opern und Konzerte leiten zu dürfen. Und dazu noch in Bielefeld, einer großartigen und lebenswerten Stadt „. Und in Bielefeld hat er nun auch sein privates Domizil gefunden. Zusammen mit seiner Frau Angela Davis, einer Opernsängerin, die seit Jahren sehr erfolgreich am Theater Hagen engagiert ist und seinen zwei Töchtern, lebt Robin Davis mittlerweile in der ostwestfälischen Stadt.
Im Hause Davis hat Musik natürlich einen hohen Stellenwert. Und dennoch ist es Robin Davis wichtig, dass seine Kinder unbefangen mit Musik aufwachsen. „Eine Tochter lernt Geige und das andere Cello. Aber alles ohne Zwang. Sie sollen das mit Spaß und Freude lernen. Ich möchte vermeiden, dass sie womöglich die Lust am Musizieren verlieren,“ sagt Robin Davis und erwähnt auch, dass seine Kinder natürlich auch Popmusik hören, wie die meisten Kinder in ihrem Alter. Aber wenn der Vater Dirigent und die Mutter Sopranistin sind, werden die Töchter schon sehr früh und völlig zwanglos an die klassische Musik geführt.
Überhaupt ist es eine Freude mit Robin Davis über Musik zu sprechen. Und dabei spielt es keine Rolle, ob es um die Klassik oder die Moderne geht. Seine Begeisterung für die Musik und auch das Talent dieses seinem Gesprächspartner zu vermitteln, ist zu jedem Zeitpunkt unseres Interviews zu spüren. Mit Davis verfügt Bielefeld über einen neuen Chefdirigenten, der mit viel innerer Begeisterung und auf hohem fachlichem Niveau über seine neue Tätigkeit spricht. Dabei ist er nahbar, keinesfalls abgehoben und immer eloquent und sympathisch. Ein GMD, der das Zeug dazu hat, auch jüngeres Publikum für die Oper und die Konzerte zu interessieren und zu begeistern. Mit der Wahl Davis‘ zum neuen GMD hat sich Bielefeld für die Zukunft sehr gut aufgestellt.
Detlef Obens (Hrg. Das Opernmagazin) 1. Dezember 2025