Wenn man sich auf eine Operetten-Reise begibt, kann man weit herumkommen. In diesem Fall sind Wien, Paris und Berlin die Ziele. Und wenn man solche Reisebegleiter wie die Sopranistin Diana Damrau, den Tenor Nikolai Schukoff sowie die von Dirk Kaftan geleitete NDR-Radiophilharmonie hat, kann man jede Station in der Bremer „Glocke“ genießen.
Dabei steht keineswegs das Schwelgen in Sentimentalität im Vordergrund. Dafür sorgt schon Dirk Kaftan mit der vorzüglichen NDR-Radiophilharmonie aus Hannover, der schon bei der Ouvertüre zur „Fledermaus“ mit straffen, schwungvollen Tempi und pointierten Akzenten überzeugt. Überhaupt sind fast alle reinen Orchesterstücke des Abends von Witz und Temperament geprägt: Die Champagner-Polka, der Csardas aus „Ritter Pásmán“ oder die Polka „Éljen a Magyar!“ (alle von Johann Strauß jr.) sind mit ihrem mitreißenden Gestus alle ein Knaller. Und der „Höllen-Cancan“ von Offenbach zündet sowieso immer. Kaftan leitet das hervorragend spielende Orchester mit vollem Körpereinsatz und suggestiver Gestik.
Damrau und Schukoff reihen ihre Arien und Duette nicht einfach aneinander – sie spielen ihre Rollen mit kleinen vorangestellten Dialogen, die sie mit viel Charme und Witz servieren. Da wird geflirtet was das Zeug hält. Und auch Tanzschritte kommen wiederholt zum Einsatz. Damrau besticht mit ihrem runden, stets aufblühenden Sopran, mit glanzvollen Spitzentönen und intensiver Gestaltung. Mit Arien aus „Paganini“, „Zigeunerliebe“, „Friederike“ oder „Frau Luna“ beweist sie ihre stimmliche Wandlungsfähigkeit. Ein Kabinettstückchen ist „Je suis grise“ aus Offenbachs „La Périchole“, bei der sie höchst vergnüglich einen veritablen Schwips markiert. Und eine Rarität ist das mit unbändiger Spielfreude servierte Duett „Ein kleiner Flirt“ von Korngold. Koketterie und ausgefeilte Körpersprache (bei Leo Fall und André Messager) beherrscht Damrau ebenfalls perfekt. Diana Damrau öffnet in diesem Programm nicht nur ihr musikalisches Herz, sondern auch ihren Kleiderschrank: In sechs verschiedenen Outfits präsentiert sie sich!
Bei Nikolai Schukoff kann man sich an seinem kraftvollen und virilen Tenor erfreuen. Immerhin singt er Partien wie Parsifal, Tristan und Otello. Man braucht bei seinen Arien aus „Paganini“, „Gräfin Mariza“ oder dem „Land des Lächelns“ keine Angst, um die Töne zu haben. Seine Stimmkraft ist imponierend, auch wenn er häufig im Dauerforte schmettert. Das er auch innige Töne zur Verfügung hat, zeigt er in den Duetten aus dem „Opernball“ und der „Lustigen Witwe“. Große Begeisterung beim Publikum für einen Abend mit toller Stimmung.
Wolfgang Denker, 26. April 2024
„Liebe, du Himmel auf Erden”
Konzert in der Bremer Glocke
24. April 2024
Musikalische Leitung: Dirk Kaftan
NDR Radiophilharmonie