Premiere: 29. April 2017 in Gütersloh
Besuchte Vorstellung: 11. Mai 2017
Für ein kleines gemütliches Haus wie das Landestheater Detmold ist Hans Werner Henzes „Elegie für junge Liebende“ genau das richtige Stück, wurde es doch für das Schwetzinger Schlosstheater komponiert. Ein weiterer Grund, warum diese Oper nach Detmold gehört: In Gütersloh, das gut 45km entfernt liegt, wurde Henze geboren. So hatte diese Produktion ihre Premiere in der Henze-Stadt, bevor sie an das Detmolder Stammhaus übernommen wurde.
Der Detmolder Intendant Kay Metzger, der das Stück bereits 1998 in Coburg inszenierte, bringt die Geschichte geradlinig und verständlich erzählt auf die Bühne. Die Charaktere und ihre Konstellationen werden klar gezeichnet: Der Dichter Gregor Mittenhofer besucht mit seiner jungen Geliebten Elisabeth und seinem Gefolge wieder einmal den Berggasthof „Schwarzer Adler“ wo er sich von den Visionen der verwitweten Wirtin inspirieren lässt.
Als die seit 40 Jahren im Eis begrabene Leiche des verschwunden Bräutigams entdeckt wird, enden die Visionen. Der Dichter lässt sich nun von der Beziehung Elisabeths zum Sohn seines Leibarztes inspirieren, treibt das Paar aber schließlich in den Bergtod und widmet ihm die titelgebende Elegie.
Das Bühnenbild von Michael Heinrich ist sehr sängerfreundlich, denn die nach hinten zusammenlaufenden Seitenwände reflektieren die Stimmen gut in den Zuschauerraum. Etwas mehr Bühnenmagie hätte man sich von der Lichtgestaltung Elana Siberskis gewünscht.
Sehr schön gelingt die musikalische Seite. Detmolds GMD Lutz Rademacher lässt das Symphonische Orchester in flüssigen Tempi aufspielen, und kitzelt auch den musikalischen Witz der Partitur heraus. Zudem ist das Verhältnis zwischen Sängern und Orchester sehr gut ausbalanciert, sodass sowohl der Komponist Henze als auch sein Librettisten-Team Wystan Hugh Auden und Chester Kallman zu ihrem Recht kommen. Bei dieser Aufführung spürt man: Die Librettisten haben bewusst einen Text verfasst, der Anlass zur Musik ist. Gleichzeitig erweist der Komponist dem Libretto aber größten Respekt.
Dass dies der Detmolder Aufführung gelingt, liegt natürlich auch an den vorzüglichen Sängerinnen und Sängern, die durchweg aus dem eigenen Ensemble stammen: Andreas Jören sieht als Dichterfürst Mittenhofer aus wie ein Doppelgänger von Franz Liszt. Mit seinem kantabel geführten Bariton verleiht er der Rolle stimmliche Autorität. Kirsten Labonte singt die halsbrecherischen Koloraturen der Hilde Mack mit großer Selbstverständlichkeit und begeistert mit ihrer klaren und kraftvollen Stimme. Von ihrer Figur geht so eine große suggestive Kraft aus.
Viel lyrischen Schmelz steuert Stephen Chambers als Toni bei, während Eva Bernard die Elisabeth zwischen zarter Liebender und sich selbstbewusst-emanzipierende Frau interpretiert. In der Detmolder Aufführung sind leider alle Szenen des Paares im 3. Akt gestrichen, wodurch dieses zum Opfer Mittenhofers wird, ohne dass wir an ihrem Schicksal Anteil nehmen. Vervollständigt wird das Ensemble durch den knorrig-vollmundig tönenden Michael Zehe als Leibarzt des Dichters und Katharina von Bülow, die mit weichem Mezzo die adelige Sekretärin Carolina singt.
Insgesamt erlebt man in Detmold eine gelungene Aufführung, die das Werk adäquat auf die Bühne bringt und den Zuschauer fesselt.
Rudolf Hermes 14.5.2017
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