Tournee-Premiere: 24.10.2019
I Will Always Love You
Im November 2015 fand im Kölner Musical Dome die deutschsprachige Erstaufführung von Bodyguard statt und wurde dort bis August 2017 von über 665.000 Zuschauern gesehen. Nach Spielzeiten in Stuttgart und Wien feierte in der vergangenen Woche die nun anstehende deutschsprachige Tour-Produktion dieses sehenswerten Musicals seine Premiere an identischer Stelle. Die Liebesgeschichte zwischen dem Superstar Rachel Marron und ihrem Bodyguard Frank Farmer zählt zu einem der erfolgreichsten Kinofilme aller Zeiten, obwohl er insgesamt 67 Mal abgelehnt wurde, bevor er im Jahr 1992 mit Whitney Houston und Kevin Costner in den Hauptrollen in die Kinos kam. Für die Bühnenversion nahm Alexander Dinelaris einige Änderungen zum Film vor. So weicht insbesondere die Rolle von Rachels Schwester Nicki recht stark von der Filmvorlage ab. Auch wurde die Bedrohung durch den Stalker deutlich effektvoller als im Film für die Bühne adaptiert. Neben den Hits des über 45 Millionen Mal verkauften Filmsoundtracks, im Übrigen ein bis heute bestehender Rekord, wurden für das Musical weitere Hits der unvergesslichen Whitney Houston wie „How Will I Know“, „I Wanna Dance With Somebody“ oder „One Moment in Time“ in das Musical integriert, die zudem sehr passend in die Handlung einbezogen werden. Allgemein ist die Bühnenumsetzung der Handlung sehr gelungen.
Auch die Tour-Version überzeugt mit einer beachtlichen Bühne, obwohl das Set von 80 Technikern innerhalb von drei Tagen aufgebaut und innerhalb von 6-8 Stunden wieder abgebaut werden kann. Die Änderungen zur ursprünglichen En-Suite-Produktion sind nicht sonderlich groß. Am augenscheinlichsten Fehlen vielleicht das große Haus am See, welches nun lediglich von innen dargestellt wird oder die Tänzer, die gleich zu Beginn aus dem Boden katapultiert werden. Auch die Rolle des Stalkers wird ein wenig anders umgesetzt, was der Produktion aber alles nicht schadet. Nach wie vor überzeugt das Stück durch eine sehr gute Produktionsqualität. Beeindruckend bleibt die Bühne, die sich durch Verschieben von mehreren Elementen immer wieder neu formt. Neben dieser Bühne zeichnet sich Tim Hatley auch für das ebenfalls gelungene Kostümdesign verantwortlich. Mehr als 320 Kostüme sind hierbei allabendlich zu sehen, die vom schlichten Bodyguard-Anzug bis zu ausgefallenen Bühnenkostümen bei den Konzerten von Rachel Marron reichen. Bei diesen Auftritten kann das Ensemble auch durch die Choreografien von Karen Bruce überzeugen. Besonders erwähnenswert ist auf der technischen Seite der Produktion sicherlich auch das Lichtdesign von Mark Henderson, welches den Zuschauer absolut in den Bann zieht. Neben 200 einzeln programmierbaren Lampen kommen vier große Videoprojektionen zum Einsatz, wobei der Einsatz einer zusätzlichen Nebelwand besonders in Erinnerung bleibt. Die Inszenierung von Thea Sharrock ist in sich schlüssig und zeichnet sich zudem durch eine gelungene Personenführung aus.
Bei den Darstellern setzt man auf Erfahrung, als Rachel Marron kann die Niederländerin Aisata Blackmann vollkommen überzeugen, die diese Rolle bereits in Stuttgart verkörperte. Es ist sicherlich nicht leicht hier in die Fußstapfen von Whitney Houston zu treten. Wenn man allerdings während der Vorstellung nicht einmal gedanklich den Vergleich anstellt, hat sie alles richtig gemacht. Mehr noch, ihre Interpretationen von „One Moment in Time“ oder „I Will Allways Love You“ erzeugen ganz eigene Gänsehautmomente. Doch nicht nur stimmlich meistert sie die Rolle, ihre schauspielerische Leistung zieht den Zuschauer schnell mitten in die Handlung. Ihr zur Seite steht Jo Weil als charismatischer Bodyguard Frank Farmer, eine reine Schauspielrolle, die er bereits in Wien verkörperte. Auch hier ist das Schauspiel absolut überzeugend. Als Nikki Marron gefällt Andrea del Solar, die über eine wunderbare Stimme verfügt, die zudem im Duett mit Aisata Blackmann gut harmoniert. Die Rolle des Stalkers, die im übrigen mit wenigen Sätzen Text auskommt und über weite Teile des Stückes nur durch Gesten bestimmt wird übernimmt bei dieser Tour Christopher Neris, der diese schauspielerische Leistung bis in die hintersten Reihen überträgt. Auch die weitere Cast ist stimmig besetzt, stellvertretend sie hier nur noch Rachels Sohn Fletcher genannt, der bei der Premiere vom jungen Malik wunderbar interpretiert wurde. Insgesamt stehen hier sieben Jungen abwechselnd auf der Bühne. Die 8-köpfige Liveband spielt die bekannten Hits sehr gut, wobei es gerade zu Beginn schon recht laut wird, hier wären vielleicht ein paar Dezibel weniger dann doch mehr gewesen. Dies macht aber dem sehr gelungenen Theaterabend keinen Abbruch.
Das Publikum im bis auf den letzten Platz gefüllten Musical Dome feierte die Darsteller und Musiker mit Standing-Ovation und langanhaltenden Applaus und schloss sich damit den mehr als vier Millionen Besuchern an, die dieses Musical weltweit bereits besucht haben. In Köln sind Aufführungen bis zum 03. November 2019 angesetzt, es folgen München, Frankfurt, Bremen, Bregenz, Baden-Baden, Luxemburg, Zürich, Essen, Berlin, Graz und Linz. Einzelheiten zu den Terminen und weitere Informationen findet man unter www.bodyguard-musical.de. Ein Besuch kann in diesem Fall ausdrücklich empfohlen werden, denn Bodyguard liefert große Emotionen, hervorragende Darsteller und eine technisch aufwendige und schlüssige Inszenierung bei der zudem der Thriller-Aspekt geschickt in die Geschichte integriert wurde. Am Ende verlässt das Publikum nach einem „I Wanna Dance With Somebody“ schwungvoll und gut gelaunt den Theatersaal, was will man mehr!?
Markus Lamers, 26.10.2019
© Hans-Jörg Haas