Gala
Meininger Staatstheater
10.07.2021
Wenn ein Intendant ein Haus übernimmt, dessen Publikum verschnupft war, dem die Abonnenten davonliefen, von den Krisen im Esemble ganz zu schweigen, dann wird es spannend. Schafft er das, kann er das? Und ob, und wie! Er war ein Glücksgriff, der als Mensch und als Künstler auf Augenhöhe ein Familiengefühl wachsen ließ, das eine Atmosphäre schuf, in der sich alle mit Hingabe in die Arbeit stürzten und dem Meininger Theater zu Ansehen, Erfolg und Bekanntheit verhalfen.Wenn Ansgar Haag nun in der ersten Reihe sitzt und sich ein Programm ansehen darf, das diesmal nicht er, sondern Corinna Jarosch, die Operndirektorin, inszeniert hat, kann er mit Freude und Dankbarkeit auf sechzehn glückliche Jahre zurückblicken.Carolina Krogius, Mezzosopran, stimmt zart und anrührend mit Mahlers „Wer hat dies Liedlein erdacht“ auf diesen feierlichen Abend ein, begleitet von Virginia Breitenstein am Flügel, die diesmal ein ganzes Orchester ersetzt und zwar so souverän und passgenau, dasseine wunderbare Harmonie zwischen Musik und Gesang erwächst. Der Tenor Stan Meus hilft dem Publikum mit einem Couplet aus Offenbachs „ORPHÉEEN ENFERS“,umgetextet von Corinna Jarosch auf die Sprünge, was in den vergangenen Jahren, „Als er hier Chef war vom Theater“,so alles gelungen ist.Es wird ein Wiedersehen und -hören mit Donizettis „Lucia di Lammermoor“, Ausschnitten aus Verdis „Rigoletto“ ,„La Forza del Destino“ und „UN BALLO IN MASCHERA“. Faszinierend ist auch der Blick in die Zuschauerreihen. Verzückt, beglückt, endlich wieder Oper, die Sopranistinnen Elif Aytekin und Monika Reinhard oderdie Tenöre Alex Kim, Michael Siemon, Shin Taniguchi und MikkoJärviluoto, Bass, live zu erleben. Keiner lümmelt in den Sitzen, kein Husten, Wispern oder Schniefen, niemand schwätzt, alle zeigen Respekt und Bewunderung für dieses Ensemble, das alles andere als provinziell, sondern auf hohem Niveau und mit dieser einzigartigen Darbietung Abschied nimmt. Ein Höhepunkt ist der Doppelintendanz mit dem Landestheater Eisenach geschuldet, wo u.a. jedes Jahr Wagners „Tannhäuser und der Sängerkrieg auf der Wartburg“ am Originalschauplatz aufgeführt wird. Wenn Staatssekretärin Tina Beer in ihrer Rede Ansgar Haag als Intendanten zum Anfassen, als Mann des Ausgleichs und Abenteurer beschreibt, der ein zeitgemäßes Theater schuf, das in allen Sparten für ausverkaufte Häuser sorgte, dann hat er es richtig gemacht. GMD Phillippe Bach formuliert es nach G.Mahler: Tradition dieses Hauses ist nicht die Anbetung der Asche, sondern die Bewahrung des Feuers. Und dazu gehören lebende Komponisten, gesellschaftliche und politische Themen. Nach der Verleihung der Georgsmedaille endet mit „Brindisi“,dem Trinklied aus Verdis „La Traviata“ der erste Teil dieser Zeremonie und mit Corinna Jaroschs Aufforderung, „es geht noch weiter, bitte folgen Sie mir in den Park, wartet für alle eine großartige Überraschung.
Der romantische „Englische Garten“ mit Teich und altem Baumbestand erlebt an diesem Abend wohl eine der denkwürdigsten Veranstaltungen seit Jahren. Die Blechbläser der „Meininger Hofkappelle“ empfangen mit Swing und Fanfarenein festlich gekleidetes Publikum. Und fast alle sind gekommen, die einst hier spielten und und ihren Intendanten zum Lehrmeister, Freund und Gefährten gewonnen hatten. Hier darf auch der Opernchor endlich wieder auftreten. Doch das tollste Abschiedsgeschenk steht am Teichufer: Kentaur Chiron ganz in Gold, die monumentale Requisite auf vier Beinen aus Faust 2. Geduldig wartet er in der Abendsonne auf seine neue Bestimmung: Ein Denkmal für Ansgar Haag. Schnell buddeln „ausgewählte Darsteller“ fünf Löcher und pflanzen Kletterhortensien und „Je länger, je lieber“. Auf dass niemand vergisst, welche wunderbaren und kuriosen Blüten das Theater trieb und auch weiter treiben soll. Ein glücklicher und sichtlich überwältigter Ansgar Haag gießt die jungen Pflänzchen und wir werden sehen, was daraus wird.
Wer mag, kann sich auf www.rennsteig.tv – Danke, Ansgar Haag einen eigens für ihn gestaltete TV-Gala ansehen.