Am 24.2. gab Tenor Fabio Sartori einen Soloabend der dem kürzlich verstorbenen Bass und angesehenen Gesangslehrer Bonaldo Giaiotti gewidmet war. Im ersten Teil sang Sartori Stücke von Tommaso Giordani, Antonio Caldara, Vincenzo Bellini und Stefano Donaudy und im zweiten Canzonen von Tosti, Denza, Mascagni und Gastaldon. Nun gehöre ich nicht zu den Snobs, die bei einer solchen Programmzusammenstellung a priori die Nase rümpfen, aber all diese Autoren und ihre großteils melancholischen Kompositionen hätten mehr Farben benötigt, als sie Sartori zur Verfügung stehen. So folgte monoton ein Stück dem anderen, wobei der Sänger auch noch starr an den Noten klebte. Das gut gefüllte Haus (Mailänder Modewoche!) ließ es sich aber nicht verdrießen und bekam als Zugaben zwei weitere Canzonen und Cavaradossis Sternenarie zu hören (in der bei den „dolci baci“ auch noch kurz Sartoris Stimme versagte).
Ganz anders Luca Salsi am 4.3. Der Bariton bewies mit seinem sorgfältig zusammengestellten Programm, dass man auch mit italienischen Autoren einen interessanten Abend gestalten kann, ohne deshalb auf die leichte(re) Muse zurückgreifen zu müssen. Es begann mit dem Text „In questa tomba oscura“ des in Wien am Kaiserhof tätigen und 1825 im Palais Liechtenstein verstorbenen Librettisten und Komponisten Giuseppe Carpani. 1808 wurden diese Zeilen zur Vertonung ausgeschrieben, und 63 (!) Komponisten nahmen an dem Wettbewerb teil. Wir hörten die Fassungen von Carpani selbst, von Salieri und von Beethoven, die ja auch die bekannteste geblieben ist. Von dem italienischen Bariton Giovanni Battista Belletti (1830-1890), der u.a. als Partner von Jenny Lind bekannt war, stammen fünf Stücke aus „Sept morceaux de chant“, voll intensiver Melancholie. „Cinque canti all’antica“ von Ottorino Respighi zeigten sehr schön die Liebe des Komponisten zur Frührenaissance. Wurden hier Texte von Boccaccio vertont, so schloss der erste Teil des Konzerts mit der zweifachen Vertonung von Dantes „Tanto gentile“, mit welchen Worten der Dichter seine Beatrice besang. Zunächst erklang die Version von Fabio Campana (1819-1882), einem vor allem in England populären Dirigenten, Komponisten und Gesangslehrer, dann die von Ciro Pensuti (1828-1888), einem gleichfalls in England sehr bekannten Musiker.
Nach der Pause führte die gedankliche Brücke weiter zu Franz Liszt und seinen „Tre sonetti del Petrarca“, die nicht weiter vorgestellt werden müssen. Es folgten Komponisten des Verismo: Leoncavallo mit zwei Liedern, Alberto Franchetti mit einem ins Italienische übersetzten Gedicht von Heine, Mascagni mit einem „Ave Maria“, das den großen musikalischen Bogen aus dem Intermezzo der „Cavalleria“ nutzt, und ein Lied von Francesco Cilea. Als Abschluss kam eine Hommage an Verdi mit „Non t’accostare all’urna“ und „Brindisi“.
Dieses wirklich ungewöhnliche, nicht nur hochinteressante, sondern auch wohlklingende Programm wurde von Salsi mit größter Konzentration und unglaublich vielen stimmlichen Schattierungen interpretiert. Am Klavier war ihm Beatrice Benzi eine gute Partnerin; nur bei Liszt hätte man sich eine stärker personalisierte Interpretation gewünscht.
Das Publikum reagierte sehr herzlich auf das Programm und seinen Interpreten. Stürmisch wurde es erst bei den Zugaben, denn nach immerhin zwei je 40 Minuten dauernden Konzertteilen sang Salsi ein hinreißendes „Nemico della patria“, ein erschütterndes „Cortigiani“ und endete mit einem besonders intensiven „Pietà, rispetto, amore“.
Eva Pleus 16.3.2019