Diese im März des Jahres in Piacenza über die Bühne gegangene Koproduktion zwischen Modena, Savona, Lucca und Livorno hatte ich hier enthusiastisch besprochen, war doch Stefano Monti (Regie, Bühnenbild und Kostüme) mit Unterstützung der Schattenspiele von Teatro Gioco Vita eine so einfache wie visuell überzeugende Inszenierung gelungen, die dazu noch den Vorteil hat, sich den Gegebenheiten der verschiedenen Häuser, für die sie konzipiert wurde, flexibel anzupassen.
So auch in Modena in dem Haus, das den Namen von zwei der berühmtesten Gesangsstars der letzten Jahrzehnte trägt, waren doch beide aus dieser nicht allzu weit von Bologna entfernten Stadt gebürtig. Allerdings gab es Probleme mit Absagen von Sängern, die wie in der Premiere von Piacenza auftreten hätten sollen. So musste Ernesto Petti durch Dalibor Jenis ersetzt werden, der die Rolle des Luna schon länger nicht mehr gesungen hatte. Nach äußerst kurzem, aber intensivem Studium stürzte sich der slowakische Sänger mit Verve in die Partie und überzeugte nicht völlig, aber in hohem Grad. Sein eifersüchtiger Graf war stimmlich nicht immer ein Edelmann, denn manches klang doch recht aggressiv, aber „Il balen del suo sorriso“ gelang ihm schön kantabel, und er gefiel auch mit besonders lebendigem Spiel, das auf seine Partner lebhaft reagierte. Auch Chiara Isotton hatte abgesagt, an ihrer Stelle sang Marta Torbidoni eine technisch sehr gute Leonora mit sicheren Koloraturen. In der Darstellung war sie recht traditionellen Gesten verbunden, was zusammen mit einem angenehmen, aber nicht exzeptionellen Timbre zu einer durchaus soliden Leistung führte. Angelo Villari in der Titelrolle wollte offenbar die Lage nicht noch verschärfen und sagte nicht ab, obwohl er sich in nicht perfekter Form befand. Den ersten Teil bewältigte er mit seinem an sich höhensicheren Tenor sehr achtbar, musste sich aber nach der Pause ansagen lassen. Die reduzierten Stimmmittel zwangen ihn zu einem sehr zurückgenommenen „Ah sì, ben mio“, was der Lyrik dieser Arie aber nicht abträglich war. Auch die darauffolgende Stretta war trotz nur kurz gehaltenen Spitzentönen durchaus achtbar. Anna Maria Chiuri ist als Azucena ein spezieller Fall, denn die psychologische Durchdringung, die sie der traumatisierten Zigeunerin angedeihen lässt, ist überaus beeindruckend. Auf der anderen Seite war ihr Mezzo für eine dramatische Verdirolle wohl nie ideal, aber abgesehen von einigen schrillen Höhen passte sie ihre Stimme den Anforderungen der Partie wunderbar an und überzeugte schlussendlich mit einem eindrucksvollen Porträt der Figur. Solide wie schon in Piacenza der Ferrando von Giovanni Battista Parodi, blass die Ines von Ilaria Alida Quilico, brav Andrea Galli (Ruiz), der alte Zigeuner von Domenico Apollonio und der Bote von Lorenzo Sivelli.
Das ganz große Plus der Aufführung war die musikalische Leitung von Matteo Beltrami, der nicht nur wie ein Fels in der Brandung den Einspringern und dem nicht fitten Tenor beistand, sondern dem es trotz dieser Schwierigkeiten gelang, die Flamme der von Leidenschaften durchglühten Oper Giuseppe Verdis jederzeit zu vermitteln und dem Orchestra Filarmonica Italiana immer die entsprechenden Tempi nicht nur vorzugeben, sondern auch realisiert zu sehen. Der Chor des Teatro Municipale di Piacenza unter Corrado Casati passte sich nach anfänglichen Unsicherheiten der Qualität der musikalischen Wiedergabe an.
Viel und dankbarer Applaus für die Einspringer und ihre Kollegen, Jubel für den Dirigenten, hatte das kenntnisreiche Publikum der Emilia Romagna dessen Verdienste doch genau erfasst.
Eva Pleus, 15. Dezember 2023
Il Trovatore
Giuseppe Verdi
Teatro Comunale Pavarotti-Freni
1. Dezember 2023
Inszenierung: Stefano Monti
Musikalische Leitung: Matteo Beltrami
Orchestra Filarmonica Italiana
(c) Rolando Paolo Guerzoni