Premiere: 28. November 2015
Rossini hat mehr zu bieten, als immer nur „Cenerentola“ und „Barbier“. Im belgischen Gent läuft gerade „Armida“, Mannheim bringt „Tancredi“ heraus, und in Bielefeld wird „La Scala di seta“ („Die seidene Leiter“) gespielt. Zu erleben sind ein dreiviertel Stunde kurzweilige Unterhaltung.
Das Libretto beruht auf der gleichen Vorlage wie Cimarosas „Die heimliche Ehe“: Giulia hat sich heimlich mit Dorvil verheiratet. Ihr Onkel und Vormund Dormont will sie aber mit dem großspurigen Blansac verheiraten. Für zusätzlichen Trubel sorgen Giulias Cousine Lucilla und der Diener Germano.
Im Original spielt das Stück im Hause Dormonts, Regisseurin Nina Kühner und Ausstatterin Hana Zimmermann verlegen das Stück in eine italienische Kneipe namens „Scals di Seta“. Vormund Dormont ist der Wirt, der aussieht, als wäre er ein Mafia-Boss. Sein Wunsch-Schwiegersohn Blansac wirkt auch, als wäre er Mitglied der Organisation. Weiteres szenisches Kapital wird aus dieser Idee aber nicht gewonnen.
Die Regie übersetzt die „Farsa comica“in eine moderne Sitcom, lässt es stets sehr turbulent und aktionsgeladen zugehen. Der ganze Trubel ist nicht immer auch zwangsläufig komisch, kommt beim Publikum aber sehr gut an.
Am besten kann sich Caio Monteiro als Germano präsentieren. Aus dem Diener wird nun ein Angestellter. Monteiro, der seine Partie mit hellem Bariton singt, ist auch körperlich gefordert und zeigt großes clowneskes Talent. Als kernigen Macho singt Yoshiaki Kimura den großspurigen Blansac.
Ansonsten präsentiert sich das Bielefelder Ensemble sehr spielfreudig und entsprechend der Typen gut besetzt: Cornelie Isenbürger ist die pfiffige Giulia, Nohad Becker, die etwas melancholische Lucilla. Lianghua Gong gestaltet den heimlichen Ehemann Dorvil mit beweglichem und leichtem Tenor, besitzt aber wenig eigenständige Farbe.
Unter der Leitung von Pawel Poplawski spielen die Bielefelder Philharmoniker einen flotte Rossini. Jedoch sind die Holzbläser in der Ouvertüre mit dem Tempo überfordert und verheddern sich in den Läufen.
Rudolf Hermes 3.12.15
Bilder: Paul Leclaire