Das Theater Freiburg hat mit seiner Produktion Wozzek einen musikalischen Volltreffer erzielt. Die Oper, komponiert von Alban Berg, welcher auch das Libretto verfasste, wurde 1925 in Berlin das erste Mal gespielt. Als Vorlage für sein Libretto diente Berg das Dramen-Fragment von Georg Büchner (*1813) aus dem Jahre 1836, welches nie vollendet wurde. Büchner starb 1837 in Zürich.
Der Orchestergraben war zugedeckt. Das Philharmonische Orchester Freiburg unter der Leitung von André de Ridder spielte auf der Bühne. Zu diesem Zweck wurde ein, einem Amphitheater nachempfundener Aufbau auf die Dreh-Bühne gebaut. Die Sängerinnen und Sänger agierten innerhalb und vor dem Orchester. In der Freiburger Produktion ist ganz klar, wer der Hauptdarsteller ist, nämlich das Philharmonische Orchester Freiburg und sein Dirigent: André de Ridder, GMD in Freiburg. Der durchsichtige Orchesterklang, die subtile Interpretation, die Präzision ist bei einem so schwierigen Werk nicht selbstverständlich. Diese Qualitäten zeugen von einer Empathie für Alban Bergs Werk, sowohl bei den Musikern als auch beim Orchesterchef de Ridder.
Aber auch alle anderen Mitwirkenden auf der Bühne überzeugten mit ihren künstlerischen Leistungen durch das völlige Aufgehen im Werk Bergs und den Gedanken Büchners. Die ausgezeichnete Diktion, hervorragende Mimik und Gestik und die ebenso vorzügliche Körperarbeit sind nicht nur der Personenführung, sondern auch den einzelnen Künstlern zu verdanken. Gesungen wurde Deutsch, die Textverständlichkeit war sehr hoch.
Das Team: Robin Adams als Wozzek, Roberto Gionfriddo als Hauptmann, Caroline Melzer als Marie und Anja Jung in der Rolle von Margret. Dazu die anderen Akteure auf der Bühne: Joshua Kohl, Yunus Schahinger, Junbum Lee, Jin Seok Lee, Lorenz Kauffer, Yenjo Choi und Arjuna Hummert. Es ist anzumerken, dass die Präsenz und künstlerische Qualität bei keinem der Protagonisten abfallen. Mit auf der Bühne auch der Opernchor Theater Freiburg, sowie der Extra-Herrenchor Theater Freiburg und der Kinder- und Jugendchor Theater Freiburg.
Die Regieführung von Marco Stormann war phantasievoll und zielführend. Sein Wozzek zeigt wenig Handlung, keinerlei Hektik auf der Spielfläche, dafür wurde dem Wort viel Raum gegeben. Die Handlung selber spielt sich nur im Kopf Wozzeks ab! Die Kostüme, entworfen von Josa Marx müssen den Gedanken/Phantasien Wozzeks zugeordnet werden. Wozzek, Marie und Margret dagegen erscheinen real und so sind auch die Outfits geschnitten.
Als Gegengewicht zu dem doch sehr dominierenden Bühnenaufbau für das Philharmonische Orchester hängt über der Bühne ein sich ständig verändernder Ballon aus durchsichtigem Kunststoff. Diese wird wohl auch der Akustik helfen, so dass sich der Orchesterklang nicht in die Höhe des Bühnenhauses verflüchtigt. Die Bühne wurde von Demian Wohler entworfen. Sie ist etwas vom Interessantesten welches ich in den letzten Jahren gesehen habe. Dies hängt wohl auch mit der Platzierung des Orchesters zusammen. Nicht unerwähnt bleiben darf auch das Lichtdesign von Henning Streck.
Die Dramaturgie von Heiko Voss ist zielführend. Bei diesem surrealen Regieansatz war dies sicherlich keine leichte Arbeit. Ein stürmischer, langanhaltender Applaus des Publikums belohnte die Arbeit des Produktionsteams.
Peter Heuberger, 27. November 2022
Dafür auch unseren OPERNFREUND-Stern
„Wozzeck“ Oper von Alban Berg
Besuchte Premiere 26. November 2022
Freiburg
Regie: Marco Stormann
Musikalische Leitung: André de Ridder
Philharmonische Orchester Freiburg