Premiere: 04.10.2020, besuchte Vorstellung 09.06.2021
Wagner als Kammeroper
Bereits im vergangenen Herbst feierte in Krefeld der erste Akt der Walküre seine Premiere als kleine, komplett corona-taugliche Inszenierung. Gespielt wird der erste Aufzug der Oper in einer stark reduzierten Orchesterfassung für zwei Klaviere, ein Cello und Schlagwerk. Erstaunlich, welche Wirkung Wagners monumentale Komposition auch in dieser Form entfalten kann. Erik García Alvarez und Michael Preiser harmonieren an den beiden Klavieren sehr gut, Ghislain Portier spielt das Cello einfühlsam und Günther Schaffner lässt gleich zu Beginn der Aufführung die Pauke als ordentliches Gewitter erklingen. Im Hintergrund der Bühne erhellen Blitze das Dunkel der Nacht. Die musikalische Leitung des Abends liegt bei Andreas Fellner, der die vier Musiker gelungen durch die rund 70 Minuten leitet.
Passend zur kleinen Besetzung hat Ulrich Proschka ein szenisches Arrangement entworfen, das als kleines Kammerspiel daherkommt und sich ausschließlich in Hundings Heim abspielt. Selbst das Schwert Notung ist hier zu finden und befindet sich inmitten eines großen Eichentisches. Bei seiner Inszenierung konzentriert sich Proschka vor allem auf die Beziehung des Geschwisterpaares, die meist nachvollziehbar beleuchtet wird. Das Bühnenbild und die passenden Kostüme von Udo Hesse sind schlicht, aber passend und runden das positive Gesamtbild der Inszenierung ab. Auch gesanglich erwartet den Besuch ein gelungener, wenn auch sehr kurzer, Opernabend. Markus Petsch glänzt mit seinem brillanten Tenor als Siegmund. Nicht nur bei „Wälse, Wälse, wo ist mein Schwert“ erfüllt seine Stimme den ganzen Theatersaal bis in letzte Reihe. Als Sieglinde kann Dorothea Herbert ebenfalls überzeugen. Abgerundet wird das Trio von Matthias Wippich als Hunding, der gesanglich mit seinem tiefen Bass ebenfalls markante Merkmale setzen kann. Darüber hinaus kann er beim Schauspiel am meisten überzeugen. In nahezu jeder Szene ist ihm das Misstrauen und die Verachtung gegenüber Siegmund im Gesicht abzulesen. Auch scheint er einen Verrat bereits zu ahnen, fühlt sich aber hoch überlegen, so dass er Sieglindes Schlaftrunk dann doch erliegt. „Hochmut kommt vor dem Fall.“ Saust es einem da schnell durch den Kopf.
Zu sehen ist diese Produktion noch am 17. Juni 2021 sowie am 19. Juni 2021, jeweils um 19.30 Uhr am Theater Krefeld. Ein Besuch kann allen Opernfreunden empfohlen werden, dies sich diese große Oper einmal als kleines intimes Kammerspiel ansehen wollen. So oft wird man die Gelegenheit dazu nicht mehr bekommen, eine in sich so schlüssiges und geschlossenes Kurzversion erleben zu dürfen, die trotz aller Umstände ein gelungenes Stück Musiktheater darstellt.
Markus Lamers, 15.06.2021
Fotos: © Matthias Stutte