Es war die letzte Aufführung dieser „Manon“ Produktion, die ursprünglich in Ostrava herausgebracht worden war und dann 2023 aus dem tschechischen Osten in das westliche Plzen übersiedelte. Und es war eine spannende, zum Teil etwas ungewöhnliche Aufführung. Manchem wäre es vielleicht zu „veristisch – zupackend“ gewesen, oder zu laut; nun „ziseliert“ wurde nicht, aber mit Leidenschaft musiziert und gespielt und geliebt und intrigiert und gelitten.

Ein sehr gut harmonisierendes Protagonisten Paar trug den Abend – und Jiri Strunc, der erfahrene musikalische Direktor war der Dritte im Bunde! Er ließ das sehr gut disponierte Orchester – stellvertretend sei die Solo-Cellistin mit sattem Klang herausgehoben – herrlich aufrauschen, die Massenet`sche Klangpracht entfalten, es bei den Ensembles im Casino Bild ganz schön tuschen! Und er heizte die Glut der Protagonisten an, die beide ohne Probleme die Orchesterwogen übertönten.
Nun ist Mickael Spadaccini eher in lirico und lirico spinto Rollen zu Hause – zwei Tage zuvor sang er dort auch Manrico! – aber er sang eine erstaunlich zurückgenommene Traumerzählung und rang seinem kraftvollen Tenor durchaus auch feinere Passagen ab. In den dramatischen Stellen war er in seinem Element, an denen die üblicherweise eingesetzten, leichten Tenöre an ihre Grenzen kommen. Er kann also tatsächlich ein ungemein breites Rollenspektrum auf hohem Niveau abdecken. Und er spielte mit wahrer Leidenschaft, wo ihm Sofia Godarska eine kongeniale Partnerin war. Die Slowakin hat eine interessant timbrierte Stimme mit Durchschlagskraft, demonstrierte aber auch süße piani und schöne Linien. Ihre große, koloraturgespickte Szene am Course La Reine im dritten Akt kostete sie genüßlich aus – brava!
Als Lescaut setzte sich Jakub Hlinensky mit kräftigem Bariton gut in Szene, Frantisek Zahradnicek war typmäßig ein autoritärer Des Grieux Vater mit trockenem, aber rollengerechtem Baß. Peter Svetlik ergänzte rollengemäß unsympathisch als Guillot de Morfontaine, aufhorchen ließ Daniel Kfelir als Bretigny – ein sehr angenehm timbrierter, voluminöser Bariton. Der Chor (in geschmackvollen Kostümen, wie auch die Solisten, wenn auch nicht in der „richtigen“ Zeit angesiedelt – Simona Rybakova) war spielfreudig bei der Sache, das Bühnenbild von Daniel Dvorak war einfach, schuf jedoch immer die der Musik angepasste Atmosphäre! Ja, und Jiri Nekvasil erzählte die Geschichte der Manon nach Meilhac – ohne Mätzchen, ohne Verfremdungen: das ist doch heutzutage schon ein sehr großes Kompliment!

Das leider sehr spärlich gekommene nachmittägliche Publikum – die Vorstellung begann schon um 14:00 Uhr! – realisierte sehr wohl die glutvolle Aufführung und bejubelte stürmisch und sehr ausdauernd das gesamte Ensemble, aber ganz speziell das Duo Godarska – Spadaccini !
Michael Tanzler, 28. Mai 2025
Besonderer Dank an unseren Kooperationspartner MERKER-online
Manon
Jules Massenet
Pilsen, K.Thyl-Theater
26. Mai 2025
Regie: Jiri Nekvasil
Dirigat: Jiri Strunc
Philharmonic Orchestra