Wiener Staatsballett, Volksoper Wien, 27.11.2016
Ein sehenswerter Abend der Preisträger
Die preisgekrönte Choreographie von Thierry Malandain hatte vor 2 Wochen Premiere an der Wiener Volksoper und bringt dem Zuschauer eine gekonnte Mischung von Modern Dance, Komödie, verträumter Liebesgeschichte, Bodenturnen, sowie eine Prise klassischen Balletts.
Das Bühnenbild (Jorge Gallardo) besteht aus unzähligen schwebenden schwarzen Absatzschuhen (Cendrillon tanzt auf Halbspitze mit „normalen“ Ballettschuhen), der Hintergrund wird der Stimmung entsprechend farbig beleuchtet (Jean-Claude Asquié, bzw. Umsetzung des Lichtdesigns: Frédéric Eujol). Die Stiefmutter turnt auf Krücken herein, während der Vater (und auch die Elfen) des Öfteren auf den Händen gehen, die klassischen Elemente sind hauptsächlich bei Cendrillon und dem Prinzen, sowie der Fee aufgehoben, letztere dreht auch einige Fouettés auf Spitze.
Dass ohne Pause direkt in den 2. Akt eingeleitet wird, oder die „klassische Solo-Variation“ von Cendrillon und dem Prinzen nicht stattfindet, mag den eingefleischten Klassik-Fan vielleicht etwas stören, jedoch zeigen die Protagonisten oft genug ihr Können, dass zwei Solo-Variationen im Nachhinein betrachtet den Handlungsverlauf in dieser Version nur aufgehalten hätte.
Sehr originell ist die Ballszene, in welcher auch das Damen-Corps als Herren fungiert, und die Damen von Kleiderständern ohne Kopf mit rauschenden Kostümen (Jorge Gallardo) dargestellt werden.
Getanzt wird auch im Corps de Ballet der Wiener Volksoper auf sehr hohem Niveau: Mila Schmidt ist eine äusserst sympathische Cendrillon, welche ehrliche Emotionen vermittelt, nie übertrieben aber auch nie verhalten. Sehr geschmeidig gelingt ihr die teils akrobatische Choreographie von Malandain, und die klassischen Elemente sind stets elegant und stilvoll. Nach dieser hervorragenden Leistung ist es gleich doppelt erfreulich, dass sie den Förderpreis 2017 des Ballettclubs der Wiener Staatsoper und Volksoper erhalten wird. Als Prinz brilliert Andrés Garcia-Torres mit edler Haltung und sauberen Sprüngen. Das Protagonistenpaar harmoniert sehr angenehm, und vermittelt glaubhaft die zarte Verliebtheit.
Für sehr amüsante Momente garantieren die mit Glatzen versehenen Laszlo Benedek als Stiefmutter, sowie Samuel Colombet und Keisuke Nejime als Stiefschwestern, sei es, dass sie wie sterbende Schwäne in den Spagat vor den Prinzen rutschen, oder kokett das Röckchen heben, oder einfach nur theatralisch gestikulieren, die Mimik ist grossartig und die Beweglichkeit beeindruckend! Als souveräne Fee glänzt Kristina Ermolenok, genauso wie Patrick Hullmann als akrobatischer Vater. Aber auch die kleineren Partien sind wunderbar besetzt, mit Gleb Shilov als Freund des Prinzen, bzw. Tanzmeister und Zeremonienmeister, Taina Ferreira Luiz als Soloelfe und Frühling – gemeinsam mit Dominika Kovacs-Galavics und Natalie Salazar, sowie Laura Cislaghi, Miriam Ensle und Suzanne Kertesz als Sommer, Michal Beklemdziev, Roman Chistyakov, Alexander Kaden und Martin Winter als Pferde, Maria-Sarah Drugowitsch und abermals Taina Ferreira Luiz als Herbst.
Dass Malandain nicht nur die Stiefmutter und -schwestern mit viel Humor versieht, macht sich sowohl durch Kostüme, als auch Choreographie im 2. Akt auch im spanischen und arabischen Tanz deutlich – am Ende eines jeden Tanzes entpuppt sich die sehr muskulöse Haupttänzerin nämlich als eine der Stiefschwestern.
Aber am Schluss wird alles gut, der Prinz findet seine Cendrillon und auch die böse Stieffamilie wandelt sich zum Guten. Dies alles wird musikalisch sehr kraftvoll vom Orchester der Volksoper Wien unter der Leitung von Guillermo Garcia Calvo unterstrichen, grosse Begeisterung beim Publikum.
Folgevorstellungen: 5. Dezember 2016, 16., 22., 26. und 29. Jänner 2017
Katharina Gebauer 30.11.16
Bilder (c) Staatsballett