Premiere: 13.März 2015
Hurra endlich schreibt der OPERNFREUND wieder über die Oper !
ursprünglich eigentlich von Richard Wagner
Opernfreund-Warnung: Achtung, der Besuch dieser Aufführung könnte ihrer Gesundheit schaden und ihr Seelenheil als Wagnerianer arg beschädigen
Als Opernliebhaber könnte man bei dem neuen Wuppertaler Parsifal“ glatt ausflippen, ungefähr so wie der Herr in der letzten Reihe des Parketts, der permanent vor sich hin schimpft oder sich auch mal die Haare rauft. Doch zu diesem Herren später mehr.
Wenn man dieses ganze Spektakel nicht ernst nimmt, kann man sich aber auch einen lustigen Abend machen, indem man beobachtet, was Regisseur Thilo Reinhardt sich hier für einen Blödsinn ausgedacht hat und wie das Publikum damit umgeht.
Musikalisch geht es schon ziemlich öde los: Generalmusikdirektor und Kurzzeit-Intendant Toshiyuki Kamioka dirigiert eine vollkommen emotionsloses Vorspiel, in dem er Wagners Musik kein bisschen auskostet und nie einen besonderen Klangzauber aufkommen lässt.
Dann geht der Vorhang auf und wir befinden uns in einer Turnhalle. Sind die Gralsritter ein Sportverein oder ein Elite-Internat mit Sportabteilung? Cheftrainer Gurnemanz ordnet erstmal ein paar Tai-Chi-Übungen an. Und schon erleben wir die nächste Comedy-Einlage: Eine Dame in der ersten Reihe steht auf und ruft: "Das hat dich gar nichts mit Wagner zu tun!" Unter dem Beifall einiger Zuschauer verlässt sie den Saal. Ob das zur Inszenierung gehört, oder war das Realsatire??
Welche Rolle Amfortas im Turnverein spielt, ist nicht richtig klar. Er muss einen Mantel (der Gral????) anziehen, sich dann enthüllen, wird gefesselt und mit Degen angestochen, worauf die Sportler sein Blut trinken. Nur nebenbei: Der Schwan ist übrigens ein Turner, der von Parsifal abgeschossen wird.
Das Publikum ist ratlos, aber während es beim berühmten Düsseldorfer KZ-„Tannhäuser“ schon während des ersten Aktes hoch her ging, ist das Wuppertaler Publikum braver und rührt sich nicht. Immerhin ein Lichtblick ist Tilman Unger ein jugendlich-frischer Parsifal mit heller Heldenstimme und beachtlichen Reserven. Wenn er sich nicht verheizen lässt, wird er eine große Karriere machen.
Thorsten Grümbel, den man von der Deutschen Oper am Rhein als zuverlässigen Bassisten kennt, ist mit der Riesenrolle des Gurnemanz überfordert, hat sogar zwei Aussetzer. Er singt zwar textverständlich, bleibt aber durchweg im Mezzoforte und holt aus seiner Rolle kaum etwas heraus. Von der Basskraft eines Hans-Peter König, Peter Rose oder Stephen Milling ist er meilenweit entfernt.
Weiter geht es mit dem zweiten Akt: Klingsor gehört wohl zu einem verfeindeten Turnverein und versteckte sich im Spind, wo er von Kundry entdeckt wird, die Blumenmädchen sind Cheerleader.
Die szenisch einzig interessante Szene des Abends ist die zwischen Kundry und Parsifal, die in einem weißen Raum spielt. Die schön singende und gut aussehende Kathrin Göring darf sich in sexy Unterwäsche an Parsifal ranmachen. Dazu befinden sich noch zwei weitere Figuren im Raum: Eine hochschwangere Parsifal-Mutter Herzeleide und eine geheimnisvolle verschleierte Dame in Schwarz.
Was Toshiyuki Kamioka sich bei seinem Dirigat so denkt, bleibt unklar, immer wieder gibt es seltsam akzentuierte Spannungsbögen oder musikalische Höhepunkte werden planlos umfahren. Der 3.Akt ist musikalisch totlangweilig und der Regie fällt auch nichts Geistreiches mehr ein: Parsifal kommt mit Panzerfaust in die zerstörte Turnhalle und ist der Kommandeur einer UNO-Blauhelmtruppe. Mit denen spielt er dann das letzte Abendmahl nach. Am Ende verbrennt er den Gralsmantel und die Panzerfaust.
Ich hatte ja schon den schimpfenden Herren in der letzten Reihe erwähnt, dem dieser Abend überhaupt nicht gefiel: Der Herr kam beim Schlussapplaus sogar auf die Bühne und entpuppte sich Regisseur Thilo Reinhardt. Für ihn gab es viele Buh-Ruf und aufgrund seines Verhaltens während der Aufführung kann man vermuten: Wahrscheinlich hätte er auch „Buh!“ gerufen.
Rudolf Hermes 16.3.15
Das Bild ist vom Opernfreund-Karikaturisten Peter Klier