Wiesbaden, Konzert: „Orchestre Philharmonique du Luxembourg“

Das Konzert am 2. Juli 2023 im Kurhaus Wiesbaden war ein musikalischer Höhepunkt, der anders gesetzt wurde, als mancher Konzertbesucher es vielleicht gedacht haben mag. Unter der Leitung von Gustavo Gimeno präsentierte das Orchestre Philharmonique du Luxembourg gemeinsam mit der Pianistin Yuja Wang ein Programm, das sowohl technische Brillanz als auch emotionale Tiefe bot.

(c) Ansgar Klostermann

Das Konzert eröffnete mit Sergei Rachmaninows „Rhapsodie über ein Thema von Paganini, Op. 43“. Rachmaninow schuf mit diesem Werk eine musikalische Verbindung zwischen der schaurigen Legende von Niccolò Paganini, der angeblich seine Seele dem Teufel verkaufte, und dem „Dies Irae“, eine alte Melodie aus der lateinischen Totenmesse. Das Ergebnis ist eine faszinierende Komposition, die sowohl klangliche Pracht als auch pianistische Virtuosität vereint.

Yuja Wang präsentierte sich als „Marke“, wie ihre Fans sie schätzen. Halsbrecherische Highheels und ein weit ausgeschnittenes Kleid, welches ihr rechtes Bein komplett bis zum Ansatz des Oberschenkels entblößte. Freunde der Anatomie kamen sicherlich auf ihre Kosten. Dennoch wirkt diese physische Zurschaustellung befremdlich und überflüssig. Wang hat diese visuelle „Offensive“ gar nicht notwendig, denn sie ist eine pianistische Virtuosin, der lediglich die emotionale Tiefe Mühe bereitet. So brillierte Wang in dieser schwierigen und anspruchsvollen Komposition mit ihrem technisch außergewöhnlichen Klavierspiel. Mit beeindruckender Fingerfertigkeit und Präzision meisterte sie die schwierigsten Passagen mit Leichtigkeit. Von zarten, lyrischen Momenten bis hin zu kraftvollen, energiegeladenen Ausbrüchen beherrschte sie die gesamte dynamische Bandbreite der Komposition. Darüber hinaus beeindruckte ihre körperliche Ausdauer, die es ihr ermöglichte, die musikalischen Anforderungen dieses anspruchsvollen Komposition Werks völlig souverän zu bewältigen. Leider war die emotionale Ausdruckskraft allzu sehr in den Hintergrund gestellt, die Gefühlstiefe fehlte. Das Publikum empfand ihren Vortrag ähnlich. Wang erhielt zwar begeisternden Zuspruch, aber keine Ovationen. So gab es denn auch keine Zugabe.

Es war schon überraschend, wie deutlich Wang im Schatten des famos aufspielenden Orchestre Philharmonique du Luxembourg unter der inspirierenden Leitung von Gustavo Gimeno stand. Dieser erwies sich als perfekter Partner für die Pianistin. Von den ersten Orchestertakten an schuf das selbstbewusste Orchester eine mitreißende Atmosphäre, die den Zuhörer sofort in den Bann zog. Unter der Leitung von Gustavo Gimeno wurde die musikalische Dramatik und Spannung der Komposition gekonnt herausgearbeitet. Seine klare und präzise Schlagtechnik ermöglichte es dem Orchester, die komplexen Rhythmen und die Vielschichtigkeit der Musik mit beeindruckender Präzision umzusetzen. Das Zusammenspiel zwischen dem Orchester und der Solistin war von perfekter Synchronisation geprägt, was zu einer harmonischen und ausgewogenen Darbietung führte. Gustavo Gimeno zeigte ein tiefes Verständnis für Rachmaninows Musik und ermöglichte es dem Orchester, die musikalische Intention des Komponisten mit großer Ausdruckskraft zu vermitteln. Seine Interpretation war geprägt von einer sensiblen Balance zwischen den verschiedenen musikalischen Elementen. Er verlieh den melodischen Linien deutliche Tiefe und sorgte dafür, dass die virtuosen Passagen des Klavierspiels nahtlos in den orchestralen Klang eingebettet waren. Durch seine kluge Gestaltung der musikalischen Spannungsbögen und sein Gespür für die richtige Balance schuf Gustavo Gimeno eine mitreißende und fesselnde Darbietung der Rhapsodie, die maßgeblich von ihm und dem überragend aufspielenden Orchester bestimmt war.

(c) Ansgar Klostermann

Nach der orchestral fesselnden Paganini-Rhapsodie folgte Richard Strauss‘ „Suite aus ‚Der Rosenkavalier‘ op. 59“. Diese Suite, zusammengestellt aus seiner berühmten Oper, war ein beeindruckendes Beispiel für Strauss‘ Meisterschaft in der Orchesterführung und -instrumentierung.

Das Orchestre Philharmonique du Luxembourg unter der Leitung von Gustavo Gimeno präsentierte dieses Werk mit viel Sensibilität und einem feinen Gespür für die subtilen Nuancen der Musik. Die einzelnen Szenen und Charaktere aus dem „Rosenkavalier“ wurden von den Musikern des Orchesters engagiert zum Leben erweckt. Ihre präzise und nuancierte Spielweise verlieh jedem Moment eine unverwechselbare Klangtextur und zeigte ihre tiefe künstlerische Verbundenheit mit der Musik. Die fein abgestimmten dynamischen Abstufungen und die geschickte Balance innerhalb des Orchesters schufen ergaben eine klangliche Fülle und Intensität, die überzeugten. Besonders bemerkenswert war die harmonische Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Instrumentengruppen, die ein facettenreiches Zusammenspiel ermöglichte. Mit süßem kantablen Ton glänzte der Konzertmeister im Schlussterzett, während die Blechbläser, vor allem die sattelfesten Hörner, mit bester Souveränität begeisterten. Jubel!

Den Abschluss des Abends bildete Maurice Ravels „La Valse“. Diese Komposition ist eine Hommage an den Wiener Walzer und zugleich eine düstere Reflexion über das Ende einer Ära. Das Orchestre Philharmonique du Luxembourg unter der Leitung von Gustavo Gimeno entführte das Publikum in eine Welt des Wirbels und der Eleganz. Die musikalische Darstellung des Walzers war von einer mitreißenden Energie und Leidenschaft bestimmt, während gleichzeitig die unterschwelligen düsteren Untertöne gekonnt zum Ausdruck kamen. Das Orchester zeigte sich auch hier in Höchstform und bewältigte die technischen und klanglichen Herausforderungen dieser Komposition mit Bravour. Die Präzision und die musikalische Sensibilität der einzelnen Musiker sowie ihr tiefes Verständnis für Ravels Musik waren beeindruckend. Das Zusammenspiel zwischen den verschiedenen Instrumentengruppen war ausgezeichnet, wodurch eine perfekte Balance entstand. Die musikalische Darbietung des Orchesters war von einer beeindruckenden Dynamik und erzeugte eine fesselnde Atmosphäre im Saal. Gustavo Gimeno führte sein hingebungsvolles Orchester mit fester Hand und klarer Intention. Das Publikum zeigte sich hingerissen und wurde mit einem Walzer von Dmitri Schostakowitsch bedankt.

Dieses Konzert war ein Genuss für die Sinne. Die Pianistin Yuja Wang beeindruckte mit ihrer Virtuosität und ihrer kraftvollen Spielweise. Das Orchestre Philharmonique du Luxembourg unter der Leitung von Gustavo Gimeno erwies sich als ein herausragendes Ensemble, das die musikalische Vision der Werke auf höchstem Niveau umsetzte. Freudige Begeisterung.

Dirk Schauß, 5. Juli 2023


Besuchtes Konzert am 02. Juli 2023

Kurhaus Wiesbaden

Yuja Wang, Klavier

Orchestre Philharmonique du Luxembourg

Gustav Gimeno, Dirigent