Besuchte Vorstellung: 12. November 2019
Während in den Niederlanden jährlich ein osteuropäisches Opernhaus mit Bizets „Perlenfischer“ auf Tour geht, fristet das Stück in Deutschland ein Schattendasein. So ist in dieser Spielzeit Saarbrücken das einzige deutsche Haus, das diese Oper spielt. Eine Reise ins belgischen Liege kann Abhilfe schaffen, denn dort ist nun Yoshi Oidas Inszenierung aus dem Jahr 2015 als Wiederaufnahme zu sehen.
Der Raum von Tom Schenk ist so abstrakt, dass er mit seiner leeren und nach hinten gewellten Spielfläche für viele anderen Opern genutzt werden könnte. Entscheidend ist die Beleuchtung von Fabrice Kebour, die besonders in den dunklen Blautönen für magische Stimmungen sorgt. Im hellen Scheinwerferlicht wirkt diese leere Fläche aber banal. Da hat man im traditionell orientiertem Lieger Opernhaus schon Produktionen mit mehr Flair gesehen.
Die Regie von Yoshi Oida ist sehr statuarisch. Große darstellerische Aktionen fordert er von seinen Akteuren nicht. Immerhin kommt so die Musik zu ihrem Recht, und die Darsteller können in bequemen Posen singen. Die folkloristisch gemeinten Choreografien, die von sieben Tänzern ausgeführt werden, bleiben Nebensache und schaffen wenig Atmosphäre.
Mit dem 86-jährigen Michel Plasson steht ein großer Kenner der französischen Romantik am Pult des Orchesters der Opera Royal. Plassons betont vor allem die lyrischen Feinheiten der Partitur und zaubert wunderschöne Klangmischungen. In den dramatischen Passagen hätte man sich aber einen handfesteren Zugriff auf die Musik gewünscht.
Für die „Perlenfischer“ werden gerade einmal vier Solisten benötigt. Mit Cyrille Dubois als Nadir ist eine echte Goldkehle zu erleben. Der französische Tenor singt die Partie mit leichter und wunderschön gefärbter Stimme, die über viel Schmelz verfügt. Sein Freund und Rivale Zurga wird von Pierre Doyen interpretiert. Die beiden Sänger harmonisieren im berühmten Duett des ersten Aktes perfekt. Doyens Bariton ist ebenso kernig wie höhensicher.
Annick Massis als von den Freunden umschwärmte Leila hat alle Töne, die eine Sängerin für diese Rolle benötigt. Jedoch klingt ihre Stimme oft unterkühlt und wenig liebreizend. Den Oberpriester Nourabad singt Patrick Delcour mit zuverlässigem Bass.
Als nächste Produktion steht in Liege vom 18. bis 31 Dezember Rossinis „La Cenerentola“ auf dem Spielplan. Den Prinzen Don Ramiro singt dann der südafrikanische Tenor Levy Sekgapane, der 2015 im Krefelder „Barbier von Seviglia“ einen fulminanten Almaviva sang.
Rudolf Hermes 18.11.2019
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