Joseph Haydn, der viel schreibende Sinfoniker, brachte es auf die kaum fassbare Anzahl von 104 Sinfonien, darunter sind einige äußerst originelle Exemplare, in welcher er seinen Hang zu Witz und Überraschung köstlich auslebte. Seine Sinfonie Nr. 83 zählt zu den sog. „Pariser Sinfonien“, welche Haydn 1785 für eine Pariser Konzertreihe komponierte. Ihren Beinamen „Die Henne (La Poule)“ erhielt das Werk durch das „gackernde“ zweite Thema des ersten Satzes, nachdem zunächst der dramatische Beginn in eine andere Richtung verwiesen hatte. Haydn verfolgt auch in den weiteren Sätzen den Weg der leisen Ironie. Das folgende Andante wirkt leicht sedierend, doch dann durchbricht ein heftiges Fortissimo die immer leiser werdenden Klänge. Wie üblich zu jener Zeit folgen ein Menuett und ein recht flottes Jagd-Finale.
Am Pult des Frankfurter Opern- und Museumsorchester stand der international gefeierte Pianist Christian Zacharias, der seit vielen Jahren ebenso erfolgreich als Dirigent ist. Mit klarer Struktur und feinem Stilempfinden hat er mit dem famosen Orchester ein transparentes Klangbild erarbeitet, sodass die polyphone Stimmführung minutiös herausgehört werden konnte. Feinste Farbvaleurs wurden mit deutlichen Kontrasten in Spannung gesetzt. Zacharias reizte die Dynamik bis in ein kaum mehr hörbares Pianissimo im Andante aus. Ein faszinierendes Klangerlebnis. Das Orchester war hörbar angetan von den Intentionen seines Gast-Dirigenten und somit gelang eine formidable Ausführung in edler Klanggestalt.
1786 schrieb Wolfgang Amadeus Mozart mit dem C-Dur Klavierkonzert ein besonders exponiertes Werk. Zuvor entstand sein Welterfolg „Le Nozze di Figaro“. Der Orchesterpart ist bedeutsam und nicht so sehr im Hintergrund angesiedelt wie in manchen seiner frühen Konzerte. Auffallend ist dabei, dass Mozart auf seine so sehr geliebten Klarinetten verzichtet hat. Auch in seinen zeitlichen Dimensionen ist dieses Werk deutlich umfangreicher und beinhaltet den längsten ersten Satz seiner Klavierkonzerte. Interessante Parallelen also auch zu Beethoven. Denn auch Mozart lässt seinen Solisten einige lange Augenblicke abwarten, bis er mit seinem schwierigen Part beginnen kann. Im Andante des zweiten Satzes prägen Ruhe und leise Poesie das Geschehen. Übermut und hemmungslose Spielfreude bestimmen das quirlige Finale. Christian Zacharias zeigte seine ganze Meisterschaft am mittig im Orchester positionierten Steinway. In feinster Artikulation zelebrierte er Mozarts Meisterwerk im herrlichen Zusammenspiel mit dem sehr aufmerksamen Orchester. Gelungen war eine außergewöhnliche Gemeinsamkeit im Vortrag. Natürlich ist auch dieses Konzert im Wechsel zwischen Solisten und begleitendem Orchester angelegt. Zacharias und das Frankfurter Opern- und Museumsorchester verschmolzen komplett mit ihren Beiträgen. Klar im Rhythmus und fein aufgefächert gelang eine Darbietung in stets kantabler Transparenz. Dies kulminierte im sensibel vorgetragenen Andante, während das finale Allegretto in heiterer Feierlichkeit einen markanten Schlusspunkt setzte. Begeisterung, die mit einer innigen Zugabe bedankt wurde.
Beschlossen wurde der Abend mit einer Rarität. 1948 wurde die Sinfonietta von Francis Poulenc uraufgeführt. Ein Werk in vier Sätzen, mit betont tänzerischer Charakteristik und somit sehr eingängig. Der skurrile Franzose schätzte es nicht, wenn seine Musik analysiert wurde. Von ihm stammt der schöne Ausspruch: „N’analyse pas ma musique – aime-la!“ (Analysiere nicht meine Musik – liebe sie!). Und so gab es einen mitreißenden Vortrag dieser neoklassizistischen halben Stunde à la francaise. Drei flotte Sätze werden mit einem schönen Cantabile in Kontrast gesetzt. Die Musik leuchtet bunt und wird vielfach variiert. Gegen Ende hin lässt das musikalische Variété grüßen. Eine wunderbare Preziose hat Poulenc da geschrieben. Christian Zacharias gab in seinem Dirigat lediglich Impulse, mehr brauchte das hingebungsvolle Frankfurter Opern- und Museumsorchester nicht, denn es wurde von Zacharias gut vorbereitet. Mit schöner Eleganz und klanglicher Finesse gelang dem Klangkörper ein hinreißender Vortrag.
Beschlossen wurde der Konzertabend mit der Ouvertüre zu Mozarts „Le Nozze di Figaro“. Das Genie Mozarts bescherte in wenigen Minuten den musikalischen Umriss dieser herrlichen Komödie. Auch hier zeigte Christian Zacharias eine präzise Einstudierung in feinster Dynamik zu und unwiderstehlicher Spritzigkeit. Viel Freude im Auditorium.
Dirk Schauß, 25. April 2023
Besuchtes Konzert in der Alten Oper Frankfurt
am 24. April 2023
Joseph Haydn: Sinfonie Nr. 83 g-moll „Das Huhn“
Wolfgang Amadeus Mozart: Klavierkonzert Nr. 25 C-Dur KV 503
Francis Poulenc: Sinfonietta
Wolfgang Amadeus Mozart: Ouvertüre „Le Nozze di Figaro“
Christian Zacharias, Klavier und Leitung
Frankfurter Opern- und Museumsorchester