Aufführung der Tschechischen Oper Prag am 08.11.2014
Begeistertes Publikum erfreut sich an Smetana
Die musikalischen Aufführungen beginnen in Fürth mit Bedrichs (Friedrich) Smetanas „Die verkaufte Braut“ und das wunderschöne Stadttheater Fürth hat wieder „aufgerüstet“. Die teilweise schon unschön knarrenden Sitze sind alle ausgetauscht worden und man kann sich richtig gemütlich zurücksinken lassen und auf die herrliche Musik Smetanas warten. Seine Oper „Die verkaufte Braut“ wurde in Prag, im Jahr 1868 aufgeführt, ging um die ganze Welt und gilt praktisch als die tschechische Nationaloper. Daneben geht etwas unter, dass Smetana noch sechs weitere Opern nach seinem Welterfolg geschrieben hat, insgesamt 8 Stücke, die für ihn musikalisch teilweise vor der „Verkauften Braut“ standen, aber ihr Bekanntheitsgrad tendiert auf 0 zu. Smetana ging in die Opernwelt praktisch nur mit dem einen Werk, seiner „Verkauften Braut“ ein. Erst acht Jahre nach seinem Tod eroberte die Oper dann von Wien aus die ganze Welt und ist heute aus dem Spielplan der großen Häuser nicht wegzudenken.
Heute wird die „Nationaloper“ von der tschechischen Oper Prag in Ko-Produktion mit dem Opernhaus F.S. Saldy Liberec aufgeführt. Das Ganze in tschechischer Originalsprache mit deutschen Übertiteln, damit natürlich authentisch. Und dies ist ein (ganz) kleines Manko. Die tschechische Sprache wirkt auf uns sehr hart, sehr trocken, dadurch verliert die herrliche Musik ein ganz kleines bisschen. Das Orchester wird von Frantisek Babický geleitet. Und dies ist schon einer der ersten großen Pluspunkte. Die Musik Smetanas ist flott, leidenschaftlich, das Tempo enorm und hier gehört eine leitende Hand hin, die sowohl kräftig und gewaltig das Orchester erbeben lässt, aber es gleichzeitig dort zurücknimmt, wo den Sängern der Raum eingeräumt werden muss um entsprechend zu brillieren. Und Babický gelingt es gekonnt, die leidenschaftlichen Klänge, alles überwogend und gewaltig daher donnernd zu bändigen und gleichzeitig dieses fulminante Orchester zurückzunehmen und entsprechend sängerfreundlich agieren zu lassen. Die leidenschaftliche Musik Smetanas holt immer dann ein bisschen Luft, wenn es die Sänger mit ihren Arien und Duetten umschmeichelt. Die Inszenierung von Vaclav Veznik ist zurückhaltend, der damaligen Zeit entsprechend, unauffällig aber gleichzeitig beeindruckend. Farbenfroh und bunt, einfach und dennoch einfach gefällig das Bühnenbild von Jan Vancura, welches von den farbenprächtigen Kostümen von Lidmila Svarcova eindrucksvoll unterstrichen wird. Einen großen Einfluss auf das Gelingen dieser Oper haben auch der Chor und die Tanzdarbietungen, die einen großen Teil der Oper einnehmen, in kaum einer anderen Oper hat man es mit mehr Tänzen zu tun wie hier. Und hier kann man Rudolf Karhanek als Choreographen und Martin Veselý als Chorleiter nur eine ausgezeichnete Arbeit attestieren. Ein buntes farbenprächtiges Bild läuft in den 2 ½ Stunden, die viel zu rasch vergehen, vor dem begeisterten Publikum ab, und dies nicht nur in den Zirkusszenen, welches nicht mit Szenenapplaus aber vor allem nicht mit einem großen langanhaltenden Schlussapplaus zeigt, wie sehr ihr diese Aufführung gefallen hat. Die ganze Aufführung ist leicht und locker dargeboten und macht deshalb besonders Spaß.
Der Inhalt der „Die verkaufte Braut“ dürfte jedem Musikliebhaber hinlänglich bekannt sein, so dass ich es mir erlauben kann, sie nur in ein paar ganz kurzen und wenigen Sequenzen aufzuzeigen. Die Geschichte der beiden Brüder Hans und Wenzel, die getrennt wurden und erst später zusammenfinden bzw. erkennen, dass sie Brüder sind. Die Liebe von Hans zu Marie, der Tochter des Bauern Kruschina und der Verkauf seiner Braut an den schlitzohrigen Heiratsvermittler Kezal. Dieser weiß natürlich nicht, dass Hans als auch Wenzel die Söhne des Grundbesitzers Micha sind – und der so von Hans aufs Kreuz gelegt wird und sich am Ende alles zum Guten wendet, dürfte jeder Opernfreund kennen. Deshalb nun gleich zu den Hauptakteuren, den Sängerdarstellern in der Oper.
Und hier möchte ich gleich mit einer vollkommen rollendeckenden Darstellung beginnen. Pavel Vancura gibt den verschlagenen, bauernschlauen, alle Feinheiten kennenden und am Ende doch betrogenen Heiratsvermittler Kezal. Und er identifiziert sich vollkommen mit der Rolle. Sowohl vom darstellerischen als auch vom gesanglichen kann er vollstens überzeugen. Sein kräftiger profunder Bass, der leicht anspricht und in jeder Lage den Raum füllt überzeugt, exzellent auch im Duett mit Hans, eine mehr als rollendeckende ausgezeichnete Leistung. Rollendeckend und das heißt eine gute Leistung von Jaroslav Patocka als Grundbesitzer Micha und Blanka Cerna als Agnes seine Frau. Ihre beiden Söhne sind jeder auf seine Art nicht nur rollendeckend sondern ausgezeichnet besetzt. Da ist einmal Martin Srejma als Hans, Michas Sohn aus erster Ehe. Mit schönem vollem und weichem Tenor, der auch in den Spitzentönen keine Probleme zu fürchten braucht, kann er brillieren und das Publikum für sich einnehmen, ebenso wie Milos Guth als etwas zurückgebliebener aber dennoch liebenswerter Sohn Wenzel, der aus seiner Rolle ein Paradestückchen macht. Sein heller, leicht ansprechender Tenor ist jeder Situation gewachsen und seine darstellerischen Qualitäten sind ausgezeichnet. Seine Darstellung ist besonders herauszuheben, weil gerade in dieser Rolle die Gefahr nahe liegt zu überzeichnen und ins Lächerliche abzurutschen. Dies ist bei Srejma in keiner Sekunde zu verspüren, er macht die Rolle des Wenzels mit zu einer tragenden Hauptrolle und Wenzel selbst zu einer tragisch-komischen Figur, dem jedoch die Zuneigung des Publikums sicher ist.
Ebenfalls rollendeckend Jiri Kubik als Bauer Kruschina und Gabriela Kopperova als seine Frau Ludmilla. Sie füllen ihre Rollen ohne Probleme aus. Ihre Tochter Marie wird von Vera Polachova verkörpert. Ihr zarter, dennoch durchschlagkräftiger Sopran weiß für sich einzunehmen, auch vom darstellerischen und optischen ist sie eine mehr als gute Verkörperung der umworbenen Bauerntochter. Der Zirkusdirektor wird bemüht von Jiri David verkörpert. Über seinen Gesang möchte ich den Mantel des Schweigens breiten, die Reste seiner Stimme entziehen sich einer entsprechenden Kritik. Darstellerisch ist er sehr bemüht, diese kleine, aber mit Sicherheit wichtige Rolle auszufüllen. Die Tänzerin Esmeralda wird von Michaela Katrakova liebenswert verkörpert. Mit sicherem leuchtendem Sopran und einem überzeugendem Spiel kann sie für sich einnehmen. Anatolij Orel vervollständigt als in keinster abfallender, sondern ebenfalls rollendeckender Weise als Indianer.
Insgesamt eine flotte, gesanglich, darstellerisch und von der Inszenierung her für sich einnehmende Inszenierung, die vom Publikum mit langandauerndem Applaus verabschiedet wurde.
Manfred Drescher 20.11.2014
Bilder von Petr Zbranek