Die Weihnachtsgeschichte von Charles Dickens ist wohl eine der weltweit bekanntesten Erzählungen des britischen Autors. A Christmas Carol erschien bereits im Dezember 1843 und wurde seither unzählige Male verfilmt und für die Bühne adaptiert. Besonders bekannt und beliebt ist die Verfilmung der Muppets mit Michael Caine in der Titelrolle aus dem Jahr 1992. Wie aus dem mürrischen Geizhals Ebenezer Scrooge innerhalb einer Nacht ein besserer Mensch wird, berührt bis heute die Massen. Nachdem ihm zunächst sein verstorbener Teilhaber Jacob Marley erscheint, erhält der Geldverleiher in derselben Nacht noch Besuch von drei weiteren Geistern. Zunächst nimmt ihn der Geist der vergangenen Weihnacht mit auf eine Reise in seine Schul- und Ausbildungszeit. Der Geist der gegenwärtigen Weihnacht zeigt Scrooge das diesjährige Weihnachtsfest bei der Familie seines Angestellten Bob Cratchit, dessen Sohn Tiny Tim schwer krank ist. Obwohl es der Familie an Geld mangelt, herrscht eine besonders festliche und liebevolle Atmosphäre. Mit dem Geist der zukünftigen Weihnacht reist der Geldverleiher schließlich zu seinem eigenen Grab, um zu sehen, wie einsam sein Leben enden wird, wenn er sich nicht ändern kann. Auf seiner Reise durch die Zeit erkennt Scrooge, wie viele Fehler er gemacht hat, stellt sich aber auch die Frage, ob die Menschen ihm verzeihen können und ob er eine zweite Chance bekommt. Ein rührseliges Finale inklusive.
Und tatsächlich ist das Finale auch in dieser Musical-Version, mit der ShowSlot derzeit in der Vorweihnachtszeit durch Deutschland tourt, ein Höhepunkt des Abends. Hier steht das gesamte Ensemble auf der Bühne und sorgt für die eine oder andere Freudenträne. Dabei ist die Geschichte insgesamt weniger rührselig, als man vermuten könnte. Natürlich dürfen die bekannten Schlüsselszenen nicht fehlen, aber die beiden Autoren des Stückes haben es gut verstanden, der bekannten Geschichte mit einer guten Prise Humor durchaus schwungvolle Momente hinzuzufügen. Auch die große Shownummer, die passenderweise den Titel Durchgeknallt trägt und leicht überdreht daherkommt, fehlt nicht. Die Musik stammt aus der Feder von TV-Urgestein Michael Schanze, das Buch schrieb der 2022 viel zu früh verstorbene Autor Christian Berg, der sich für unzählige erfolgreiche Kinder- und Familienmusicals verantwortlich zeichnete. Die Uraufführung des Musicals unter dem Titel Scrooge – Eine Weihnachtsgeschichte liegt bereits 10 Jahre zurück, seitdem ist das Stück in meist kleineren Produktionen fast jedes Jahr in der Adventszeit auf den verschiedenen Bühnen des Landes zu sehen gewesen. Erstmals geht das Musical nun aber leicht überarbeitet als vergleichsweise große Produktion auf Tournee, die am 18. November 2024 im ausverkauften Theater am Marientor in Duisburg Premiere feierte.
Dem seit Jahren erfolgreichen Regisseur und Bühnenbildner Christoph Weyers gelingt es, den Zuschauer für rund zweieinhalb Stunden in eine angenehme Weihnachtsstimmung zu versetzen. Das Bühnenbild besteht aus zwei Häuserzeilen, in denen sich links der Laden und rechts die Wohnung von Ebenezer Scrooge befinden. Im Hintergrund sorgt eine hochauflösende LED-Wand für Abwechslung. Besonders gelungen ist der Flug aus dem winterlichen London, vorbei am berühmten Big Ben, in die vergangene Weihnachtszeit. Da Geister bekanntlich spuken, gibt es auch die eine oder andere lustige Überraschung in der Produktion zu entdecken. Gegenstände, die wie aus dem Nichts von der Wand fallen, sind ebenso charmant eingebaut wie eine sprechende Tür oder eine singende Straßenlaterne. Neben der gelungenen Inszenierung ist der große Pluspunkt dieser Tournee die durchweg hervorragende Besetzung, die mit immenser Spielfreude und gut verständlicher Aussprache überzeugt. Holger Hauer gibt in der Titelrolle einen ganz wunderbaren Scrooge, dem man die Wandlung vom verbitterten und einsamen Geldverleiher zum besseren Menschen in jeder Sekunde abnimmt. Die Lacher auf ihrer Seite hat Nadine Kühn als sehr zerstreuter Geist der vergangenen Weihnacht, herrlich komisch und mit viel Gespür für das richtige Timing auf die Bühne gebracht. Gesanglich ist das gesamte 14-köpfige Ensemble sehr gut aufgestellt. Die Musik kommt bei dieser Produktion zwar nur vom Band, aber an der Abmischung mit dem Live-Gesang der Darstellerinnen und Darsteller gibt es nichts auszusetzen.
Aufgrund der sehr guten Kartennachfrage – einige Vorstellungen in diesem Jahr sind bereits ausverkauft – wurde unmittelbar nach der Premiere am vergangenen Montag noch im Theatersaal bekannt gegeben, dass es auch im kommenden Jahr eine Wiederholungstournee dieses wirklich sehenswerten Musicals geben wird. Die ersten Städte stehen hierbei nun fest, weitere sind in Planung. ShowSlot ist mit Eine Weihnachtsgeschichte – Das Musical nach Charles Dickens eine qualitativ hochwertige Produktion gelungen, die in der Vorweihnachtszeit sehr viel Spaß macht.
Markus Lamers, 21. November 2024
Eine Weihnachtsgeschichte – Das Musical nach Charles Dickens
von Michael Schanze (Musik und Texte) & Christian Berg (Buchund Texte)
Theater am Marientor, Duisburg
Premiere: 18. November 2024
Inszenierung: Christoph Weyers
Choreographie: Natalie Holtom
Musical Supervisor: Pascal Kierdorf
Weitere Aufführungen bis zum 30. Dezember 2024 in München, Berlin, Bremen, Dresden, Saarbrücken, Stuttgart und Offenbach sowie ab November 2025 u. a. in Bremen, Bregenz, Nürnberg, Hamburg, Wien, Frankfurt und Köln (Detailinformationen: https://showslot.com/weihnachtsgeschichte/)